Forscher lassen unsichtbare Nano-Schadstoffe leuchten – erstmals wird ihr Weg im Körper sichtbar
Dank neuer Bildgebungsverfahren kann man sehen, wie Nano-Schadstoffe Zellen durchdringen, Organe erreichen und dort lange verbleiben – auch im Gehirn.
Abgase aus dem Straßenverkehr setzen winzige Partikel frei, die tief in den Körper gelangen können – neue Bildgebung macht ihren weiteren Weg erstmals sichtbar. © Pexels
Winzige Partikel aus Verkehr, Industrie und Umwelt finden längst ihren Weg in den menschlichen Körper. Sie stecken in Luft, Wasser und Nahrung. Lange blieb unklar, was nach der Aufnahme im Körper geschieht. Forschung und Medizin konnten meist nur Folgen messen, nicht die Abläufe davor. Der Weg der Partikel durch den Körper blieb eine Blackbox – bis jetzt.
Eine neue Studie aus China beschreibt ein Verfahren, das diesen blinden Fleck erstmals kleiner macht. Zum Einsatz kommt eine Bildgebung auf Basis sogenannter Aggregation-Induced Emission (AIE). Dabei werden Nanopartikel mit speziellen fluoreszierenden Farbstoffen markiert, die stärker leuchten, sobald sich die Partikel aneinanderheften.
So lässt sich nun direkt beobachten, was mit Nanopartikeln im lebenden Körper passiert – vom ersten Kontakt mit Zellen bis zu ihrem Verbleib in Organen. Das ist besonders relevant, weil Nanopartikel Zellmembranen überwinden und früh in innere Abläufe eingreifen können.
In der toxikologischen Praxis ließen sich lange vor allem späte Schäden wie Entzündungen oder Zellverlust messen. Frühere Prozesse blieben unsichtbar, ebenso die Frage, ob Partikel rasch ausgeschieden werden oder sich im Körper festsetzen.
Warum Nano-Schadstoffe jetzt leuchten
Möglich wird der neue Blick durch fluoreszierende Farbstoffe, die direkt an Nanopartikel gekoppelt werden. Sie senden Licht aus und reagieren auf Veränderungen der Partikel. Lagern sich diese zusammen, wird das Signal stärker. Der Weg der Partikel bleibt dadurch sichtbar, auch wenn sie ihre Form oder Struktur verändern.
„Die Technologie erlaubt es, den gesamten Weg nanoskaliger Schadstoffe im lebenden Körper zu verfolgen – vom ersten Kontakt mit Zellen bis zur langfristigen Ablagerung in Organen“, sagt Neng Yan, leitender Autor der Studie. Genau diese lückenlose Beobachtung fehlte bislang. Herkömmliche Farbstoffe verloren ihr Signal, sobald Partikel verklumpten – ausgerechnet in einer Phase, die für die Einschätzung von Risiken besonders wichtig ist. Die neuen Farbstoffe bleiben stabil und erlauben es, Nanopartikel über längere Zeit im lebenden Körper zu verfolgen.
Wie das Leuchten den Weg der Partikel durch den Körper zeigt
Mit dieser Technik lässt sich erstmals verfolgen, wie Nanopartikel einzelne Zellen erreichen, sich im Gewebe verteilen und schließlich in Organen verbleiben. Das Leuchten begleitet sie auf diesem Weg. Statt einzelner Momentaufnahmen entsteht ein zeitlicher Verlauf.
Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede. Manche Partikel gelangen schnell in Zellen, andere deutlich langsamer. Diese Wege entscheiden darüber, wo sich die Partikel anreichern und wie stark Zellen belastet werden.

Frühe Warnzeichen im Inneren der Zelle
Die Bilddaten geben Einblicke in Vorgänge, die zuvor nicht zugänglich waren. Partikel sammeln sich in bestimmten Zellbereichen. Dort verändern sie Strukturen. Plötzliche Veränderungen im Leuchtsignal weisen auf kritische Momente hin, etwa auf Schäden an inneren Zellmembranen. Solche Ereignisse gelten als mögliche Startpunkte späterer Probleme.
Auf Organebene entstehen dreidimensionale Karten. Sie zeigen, wo sich Schadstoffe bevorzugt ablagern. Besonders empfindlich reagieren Gehirn, Leber und Lunge. Diese Informationen fehlten bislang. Für die Bewertung von Risiken sind sie zentral.
Vom Beobachten zum Vorhersagen
Die gewonnenen Daten lassen sich mit Rechenmodellen verknüpfen und erlauben eine frühere Einschätzung möglicher Risiken. So können problematische Eigenschaften von Nanomaterialien erkannt werden, noch bevor sie breit eingesetzt werden.
Der Fokus verschiebt sich damit deutlich. Entscheidend ist nicht mehr nur, ob ein Stoff schadet, sondern wie früh kritische Prozesse im Körper beginnen.
Kurz zusammengefasst:
- Neue Bildgebung mit leuchtenden Farbstoffen macht erstmals den Weg von Nanopartikeln im lebenden Körper sichtbar – vom Eindringen in Zellen bis zur Ablagerung in Organen wie Gehirn, Leber oder Lunge.
- Die Studie erklärt, warum frühere Tests Risiken oft unterschätzten, weil sie meist erst späte Schäden erfassten und frühe, entscheidende Prozesse im Inneren der Zellen unsichtbar blieben.
- Damit wird eine frühere und genauere Risikobewertung möglich, die hilft, problematische Nanomaterialien zu erkennen, bevor sie breit eingesetzt werden.
Übrigens: Schon die Atemluft bringt täglich zehntausende Mikroplastikpartikel in den Körper – besonders in Autos ist die Belastung hoch. Was Messungen zeigen und welche Folgen das haben kann, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
