Gold-Quantennadeln entdeckt: Winzige Teilchen könnten Krebsdiagnosen schonender machen und Strom günstiger

Gold-Quantennadeln bestehen aus nur wenigen Atomen und reagieren stark auf Infrarotlicht – nützlich für Krebsdiagnose und Solarenergie.

Forscher entdecken Gold-Quantennadeln mit großem Potenzial

Unter dem Mikroskop sichtbar – Gold-Quantennadeln bestehen aus nur wenigen Dutzend Atomen und könnten Medizin und Energie verändern (Symbolbild). © Pexels

Gold kann weit mehr als glänzen. Auf atomarer Ebene verhält es sich ganz anders als das bekannte Edelmetall: Wenn nur wenige Atome in exakten Strukturen zusammenkommen, entstehen winzige Teilchen mit ungewöhnlichen Eigenschaften. Ein Team der Universität Tokio hat diesen Prozess nun erstmals direkt beobachtet und dabei eine neue Form entdeckt: sogenannte Quantennadeln aus Gold.

Diese Strukturen bestehen aus nur 30 bis 35 Atomen und sind rund tausendmal dünner als ein menschliches Haar. Trotz ihrer geringen Größe besitzen sie Eigenschaften, die für Medizin, Photovoltaik und Umwelttechnik von Bedeutung sein könnten.

Gold zeigt im Nanobereich völlig neue Eigenschaften

Im Nanobereich verändert sich das Verhalten von Gold grundlegend. Bei Clustern aus nur wenigen Dutzend Atomen entstehen neuartige Eigenschaften: Sie können Licht gezielt absorbieren oder abstrahlen. Diese Effekte machen sie für technische Anwendungen interessant.

Normalerweise entstehen kugelförmige Cluster. Wie genau sich Goldatome anordnen, war bislang kaum zu beobachten. Das Team um Professor Tatsuya Tsukuda wollte den Wachstumsprozess gezielt nachvollziehen – und stieß dabei auf eine völlig neue Struktur.

Die Abbildung zeigt, wie sich Gold-Nanocluster schrittweise zu stiftartigen Quantennadeln entwickeln. Die Strukturen wurden mithilfe der Röntgenkristallografie bestimmt; organische Reste der Oberflächenliganden sind zur besseren Übersicht weggelassen. Goldatome erscheinen in Gelb, Schwefelatome in Rot.
Die Abbildung zeigt, wie sich Gold-Nanocluster schrittweise zu stiftartigen Quantennadeln entwickeln. Goldatome erscheinen in Gelb, Schwefelatome in Rot. © Takano et al 2025

Nadeln statt Kugeln: eine unerwartete Struktur

Die Forscher schufen spezielle chemische Bedingungen, unter denen sich Goldatome besonders langsam und kontrolliert verbinden. So konnten sie Zwischenstufen des Wachstumsprozesses einfangen und analysieren – ein Novum in der Clusterforschung.

Das Ergebnis überraschte: Statt wie üblich runde Formen zu bilden, reihten sich die Atome stabförmig an. Die daraus entstehenden Strukturen bestanden aus Dreiecken und Tetraedern – eine Form, die in der Nanochemie bislang unbekannt war. Das Team nannte die Teilchen „Gold-Quantennadeln“.

Empfindlich für infrarotes Licht – ideal für die Krebsdiagnose

Die neue Form bringt auch neue Eigenschaften: Die Nadeln reagieren besonders stark auf Licht im nahen Infrarotbereich. Genau dieses Licht dringt tief ins Gewebe ein und wird in der Krebsdiagnostik bereits eingesetzt.

Zwei Nadeln mit 33 und 34 Goldatomen absorbierten Licht bei 770 bzw. 755 Nanometern – vergleichbar mit dem Farbstoff Indocyaningrün, der für chirurgische Eingriffe verwendet wird. Die Nadeln könnten in Zukunft die Bildgebung präziser und schonender machen.

Ein weiteres Plus: Die Nadeln senden zwei Arten von Licht aus – Fluoreszenz und Phosphoreszenz. Fluoreszenz erfolgt sofort, Phosphoreszenz zeitverzögert. Diese Kombination verbessert die Bildschärfe und hilft, gesundes von krankem Gewebe zu unterscheiden.

Potenzial für Solarzellen und Sensoren

Auch jenseits der Medizin bieten sich Anwendungen an. Die quantenmechanischen Eigenschaften der Nadeln könnten helfen, Sonnenlicht effizienter in Strom umzuwandeln – etwa in neuen Typen von Solarzellen. Zudem denkbar: Lichtsensoren oder Systeme zur Umweltüberwachung. Die hohe Empfindlichkeit im infraroten Bereich macht die Nadeln vielseitig einsetzbar.

In ihrer Publikation schreiben die Autoren: „Diese Nadeln lassen sich aufgrund ihrer besonderen Empfindlichkeit für Nahinfrarotlicht sowohl zur Umwandlung von Sonnenenergie als auch für biomedizinische Anwendungen nutzen.“

Sieben Varianten mit unterschiedlichen Eigenschaften

Den Forschern gelang es, sieben verschiedene Nadeln herzustellen. Sie bestanden aus jeweils unterschiedlich vielen Goldatomen und trugen unterschiedliche elektrische Ladungen. Diese feinen Unterschiede beeinflussten, wie stark und auf welche Wellenlänge die Nadeln reagierten.

Je nach Aufbau eigneten sich die Nadeln für verschiedene Zwecke. Besonders bemerkenswert: Über die Hälfte des eingesetzten Goldes ließ sich in stabiler Form zurückgewinnen – ein seltener Erfolg in der Nanochemie.

Warum die Entdeckung auch den Alltag verändern könnte

Noch handelt es sich um Grundlagenforschung. Doch die Eigenschaften der Gold-Quantennadeln könnten künftige Technologien prägen:

  • Schonendere Krebsdiagnosen ohne belastende Kontrastmittel
  • Effizientere Solarzellen durch gezielte Lichtnutzung
  • Neue Materialien für optische Sensoren
  • Präzisere Bildgebung bei Operationen

Die Visualisierung einzelner Wachstumsstufen bringt die Forschung einen großen Schritt voran. Tsukuda fässt zusammen: „Die Formation dieser nadelartigen Strukturen war ein unerwarteter Fund – weit jenseits unserer ursprünglichen Vorstellung.“

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Forschungsteam der Universität Tokio hat winzige, stiftförmige Goldstrukturen entdeckt, die besonders empfindlich auf Infrarotlicht reagieren und deshalb neue Möglichkeiten für medizinische Bildgebung und Krebsdiagnostik bieten.
  • Die Quantennadeln aus Gold bestehen aus nur wenigen Dutzend Atomen, wachsen schrittweise aus Dreiecken und Tetraedern und zeigen neue quantenmechanische Eigenschaften.
  • Die Forscher konnten sieben verschiedene Cluster isolieren und nachweisen, dass sich Gold unter kontrollierten Bedingungen gezielt in funktionale Nanostrukturen mit messbarem Anwendungspotenzial formen lässt.

Übrigens: Unsichtbares Licht bleibt für das menschliche Auge normalerweise verborgen. Neue Kontaktlinsen aus China übersetzen Infrarotstrahlen in sichtbare Farben – und könnten so Medizin, Sicherheit und Alltagsleben verändern. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert