Flamingos jagen ihre Beute mit Mini-Tornados im Wasser

Auf der Jagd erzeugen Flamingos Mini-Tornados im Wasser, um ihre Beute zu fangen – eine Technik, die auch gegen Mikroplastik helfen könnte.

Flamingos „rattern“ und „tanzen“, um kleine Salinenkrebse zu fangen - diese Techniken erhöhen ihren Jagderfolg erheblich und können sogar neue Technologien inspirieren. © Unsplash

Flamingos „rattern“ und „tanzen“, um kleine Salinenkrebse zu fangen – diese Techniken erhöhen ihren Jagderfolg erheblich und können sogar neue Technologien inspirieren. © Unsplash

Von Weitem wirken Flamingos wie ganz friedliche Vögel, wenn sie durch seichte Seen waten und mit dem Schnabel nach Nahrung suchen: Doch wer genauer hinschaut, sieht Jäger, die mit erstaunlich komplexen Techniken Mini-Tornados erzeugen und so Tiere aus dem Wasser fischen.

Ein Forschungsteam um den Biomechaniker Victor Ortega Jiménez hat herausgefunden, wie die Vögel mithilfe ihrer Füße, Hälse und Schnäbel gezielte Strömungen erzeugen, um Beutetiere anzulocken und zu verschlucken. Die Studie erschien kürzlich im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences. Ortega Jiménez arbeitet derzeit an der UC Berkeley.

Eine besondere Technik erhöht Fangrate von Flamingos deutlich

Im Zentrum der Entdeckung steht eine Technik namens „Chattering“, was in diesem Fall so viel wie „rattern“ oder „klappern“ bedeutet. Dabei schlägt der Flamingo bis zu zwölfmal pro Sekunde mit dem unteren Schnabelteil – der obere bleibt dabei regungslos.

Diese schnellen Bewegungen erzeugen kleine Wasserwirbel, die schwimmende Tiere direkt in den geöffneten Schnabel lenken.

Ein Flamingo beim Chattering im Wasser. © YouTube

An der UC Berkeley baute Ortega Jiménez ein künstliches System, das diese Bewegung nachahmt. Ein echter Flamingo-Schnabel wurde an einen Motor angeschlossen, dazu ein kleiner Schlauch, der die Zunge simulierte.

Das Chattering sorgt tatsächlich dafür, dass siebenmal mehr Salinenkrebse durch die Öffnung strömen.

Ortega Jiménez

Er zeigte damit, dass die Tiere nicht nur passiv filtern, sondern gezielt jagen.

Mit den Füßen erzeugen sie Mini-Tornados im Wasser

Die Jagd beginnt allerdings bereits mit den Füßen: Flamingos führen in flachem Wasser oft eine Art „Tanz“ aus, bei dem sie im Kreis treten. Dabei drücken ihre weichen, zusammenklappbaren Schwimmhäute Sediment und Kleinsttiere nach vorn. 

Wenn der Vogel dann den Kopf senkt und ruckartig nach oben zieht, entsteht ein Mini-Tornado, der das aufgewirbelte Wasser samt Beute nach oben reißt.

Bewegung eines Flamingo-Fußes Unterwasser. © YouTube

Auch diesen Effekt analysierte das Team an der UC Berkeley mit 3D-gedruckten Modellen von Füßen und Schnäbeln. Dabei zeigte sich: Flexible Schwimmhäute funktionieren deutlich besser als starre Modelle. Die erzeugten Wirbel waren nicht nur stärker, sondern auch gezielter ausgerichtet.

Anatomie perfekt an Jagdverhalten angepasst

Ein weiteres Detail: Der Schnabel des Flamingos ist vorne abgeflacht und leicht abgewinkelt. Wenn das Tier den Kopf unter Wasser hält, liegt dieser flache Teil parallel zum Boden. Genau in dieser Position beginnt das sogenannte „Skimming“:

  • Der Vogel streckt den Hals aus, klappt den Schnabel auf und zu und erzeugt dabei sogenannte von-Kármán-Wirbel.
  • Diese seitlichen Strömungen halten die Beute in der Nähe des Schnabels und erleichtern das Einsaugen.
Ein Flamingo schöpft Beute aus dem Wasser. © YouTube

Ortega Jiménez, ein gebürtiger Mexikaner aus Puebla, beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Frage, wie Tiere ihre Umwelt aktiv gestalten. Bereits vor der Pandemie beobachtete er im Zoo Atlanta das Fressverhalten der Flamingos. „Man sieht nur kleine Wellen an der Oberfläche – aber was darunter passiert, ist extrem komplex“, sagte er rückblickend.

Anwendung in Technik und Umwelt denkbar

Neben den biologischen Erkenntnissen sieht das Team auch praktische Anwendungsmöglichkeiten. Das gezielte Aufwirbeln und Einsaugen kleiner Partikel könnte etwa helfen, Mikroplastik aus Gewässern zu entfernen. Auch neuartige Filtersysteme oder Laufroboter für matschigen Untergrund könnten von den Flamingo-Techniken profitieren.

„Flamingos sind extrem spezialisierte Tiere, wenn es um das Filtern geht“, sagte Ortega Jiménez. „Es geht nicht nur um den Schnabel, sondern um das Zusammenspiel von Kopf, Hals, Beinen, Füßen und Verhalten.“ 

Kurz zusammengefasst:

  • Flamingos fangen ihre Beute nicht passiv, sondern erzeugen gezielte Mini-Tornados mit Füßen und Schnabel.
  • Mit einer Technik, die „Chattering“ genannt wird, erhöhen die Vögel ihre Fangrate von Kleintieren wie Salinenkrebsen um das Siebenfache.
  • Forscher der UC Berkeley zeigten, dass ihre Bewegungen so präzise sind, dass sie sogar als Vorbild für Umwelttechnik dienen könnten.

Übrigens: Nicht nur Flamingos beeinflussen mit kluger Technik ihre Umwelt – auch Hunde hinterlassen beim Planschen Spuren. Pestizide aus Flohmitteln belasten Gewässer wochenlang. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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