Die ältesten Mumien der Welt wurden vor 14.000 Jahren langsam geräuchert
Vor 14.000 Jahren konservierten Jäger in Südostasien ihre Toten mit Rauch und Feuer – der älteste Beweis für Mumifizierung weltweit.

Geräucherte Mumien in Papua: Links eine hyperflexe Mumie der Dani, rechts eine Mumie aus dem Dorf Pumo. Aufgenommen 2019 in Wamena. © Studie
Mumien verbinden viele sofort mit Ägypten. Doch neue Funde aus Südostasien verändern dieses Bild: Bereits vor 14.000 Jahren räucherten Jäger- und Sammlergruppen ihre Verstorbenen, banden die Körper fest und bewahrten sie so über längere Zeit. Es handelt sich um die ältesten bekannten Belege dafür, dass Mumien auf diese Weise konserviert wurden – lange bevor Ägypten oder Südamerika eigene Methoden entwickelte.
Während in Europa und Asien die ersten Hochkulturen noch Jahrtausende entfernt waren, existierte am Rande der Tropen bereits eine ausgefeilte Technik, die das Erinnern an Verstorbene auf besondere Weise prägte.
Wie Mumien über Rauch konserviert und über Generationen sichtbar blieben
Das Forscherteam der Australian National University (ANU) untersuchte 54 Bestattungen an 11 archäologischen Stätten in Südchina und Südostasien. Einige Funde lassen sich auf rund 14.000 Jahre datieren. Damit sind sie älter als die Chinchorro-Mumien in Chile (ca. 7.000 Jahre) und deutlich älter als die ägyptischen Mumien (ca. 4.500 Jahre).
Ein Grabfeld im Norden Vietnams liefert die frühesten Belege. Hier lagen Skelette in auffallend engen Körperhaltungen, die nur durch vorheriges Binden möglich waren. Manche waren so stark zusammengezogen, dass Knie und Brustkorb fast aufeinanderlagen.
Hitze und Rauch hinterlassen deutliche Spuren
Viele Knochen tragen schwarze Verfärbungen oder Brandspuren. Analysen mit modernen Laborverfahren wie Infrarotspektroskopie zeigen: Sie waren über längere Zeit niedriger Hitze und Rauch ausgesetzt. Bei 84 Prozent der untersuchten Proben stieg der sogenannte „Crystallinity Index“ – ein klarer Hinweis auf Rauchbehandlung.
Es ging also nicht um vollständiges Verbrennen, sondern um eine gezielte Konservierung. Schädel oder Gelenke zeigen lokal begrenzte Spuren. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass viele der untersuchten Skelette eine spezielle Form der Hitzebehandlung erfahren haben – und dass Raucheinwirkung ein wesentliches Merkmal war“, so die Forscher.

Bestattungen in großen Grabfeldern
Die Tradition war keine Randerscheinung. In Guangxi, China stießen Forscher auf ein Gräberfeld mit 169 Bestattungen. Bei 60 von ihnen wurden die Körperlagen genau untersucht: 21 Skelette befanden sich in extrem gebogenen Positionen, 17 in Hocklage.
Die Befunde zeigen: Es gab feste Rituale, die sich über viele Generationen hinweg hielten. Auch als Ackerbau und Viehzucht in der Region Fuß fassten, blieb das Räuchern von Toten verbreitet.
Parallelen zu heutigen Bräuchen in Papua und Australien
Erstaunlich ist, wie stark die alten Befunde heutigen Traditionen ähneln. In Papua-Neuguinea räuchern die Dani bis heute ihre Toten. Der Prozess dauert dort etwa drei Monate. Danach bleibt die Mumie im Dorf und wird zu besonderen Anlässen gezeigt.
Auch in Australien berichten Ethnographen von ähnlichen Bräuchen. Die Körper werden gebunden, durch den Rauch schwarz gefärbt und bleiben über Jahre im Alltag präsent.
„Die Tradition der rauchgetrockneten Mumifizierung belegt eine langanhaltende Verbindung zwischen den alten Kulturen Südostasiens und den heutigen indigenen Gemeinschaften in Papua und Australien“, heißt es in der Studie.
Warum Menschen ihre Toten so konservierten
Für heutige Leser mag es befremdlich wirken, dass Verstorbene über Monate sichtbar blieben. Doch für diese Gemeinschaften war es Ausdruck von Nähe. Der Tod bedeutete nicht sofortige Trennung. Die geräucherten Mumien blieben Teil des sozialen Lebens, sichtbar in Höhlen, Felsunterständen oder sogar in Wohnstätten.
Ein neues Kapitel der Menschheitsgeschichte
Mit den Funden rückt eine bislang kaum bekannte Region ins Zentrum der Mumienforschung. Sie zeigen, dass die Geschichte der Totenrituale viel früher begann als bisher angenommen – und dass die Vorstellung, Mumien gehörten allein nach Ägypten, überholt ist.
Kurz zusammengefasst:
- Bereits vor 14.000 Jahren räucherten Jäger- und Sammlergruppen in Südostasien ihre Toten – das sind die ältesten Mumien der Welt.
- Untersuchungen von 54 Bestattungen an 11 Fundorten zeigen: 84 Prozent der Knochen tragen eindeutige Spuren von Rauch und Hitze.
- Die Technik ist älter als die Mumien aus Ägypten oder Chile und ähnelt bis heute erhaltenen Bräuchen in Papua und Australien.
Übrigens: Eine Analyse von 38 Millionen Todesanzeigen zeigt, dass Tradition und Fürsorge im Leben am meisten zählen – bis Krisen die Werte verändern. Mehr dazu in unserem Artikel.