Das perfekte Plastik? Diese neue Folie löst sich einfach im Meer auf – ganz ohne Rückstände

Ein neues biologisch abbaubares Plastik löst sich im Meer binnen Stunden auf. Es basiert auf Zellulose und hinterlässt kein Mikroplastik.

Folie schwimmt im Meer

Das neue Zelluloseplastik ist flexibel, stabil und zerfällt im Meer vollständig – ohne sichtbare Rückstände oder Mikroplastik (Symbolbild). © Freepik

Plastikreste in Fischfilets, Mikroplastik im Trinkwasser und Kunststoffspuren im menschlichen Blut – die globale Plastikflut ist längst kein fernes Umweltproblem mehr. Und sie endet nicht mehr an Küsten oder in den Mägen von Meerestieren. Sie ist in unserem Körper angekommen. Der Druck wächst daher, herkömmliche Kunststoffe zu ersetzen. Doch vieles, was heute als biologisch abbaubares Plastik verkauft wird, hält diesem Anspruch kaum stand. Abgebaut wird oft nur unter idealen Laborbedingungen. In der Umwelt bleiben winzige Partikel zurück.

Ein Forschungsteam am japanischen RIKEN‑Institut verfolgt nun einen vielversprechenden neuen Ansatz. Die Wissenschaftler haben ein Material entwickelt, das herkömmlichem Plastik in Aussehen und Haptik gleicht. Im Meer jedoch verhält es sich völlig anders. Innerhalb weniger Stunden löst es sich vollständig auf. Sichtbarer Müll entsteht nicht. Mikroplastik bleibt ebenfalls nicht zurück.

Zellulose als nachhaltige Basis für biologisch abbaubares Plastik

Grundlage des neuen Materials ist Carboxymethylcellulose, ein Derivat der Zellulose. Der Stoff stammt aus Holz oder Baumwolle und zählt zu den am häufigsten vorkommenden organischen Verbindungen weltweit. Pflanzen produzieren davon jährlich Billionen Tonnen. Carboxymethylcellulose ist wasserlöslich, biologisch abbaubar und bereits in verschiedenen industriellen Anwendungen zugelassen.

Kombiniert wird sie mit positiv geladenen Polyguanidinium-Ionen. In Wasser verbinden sich die beiden Bestandteile zu einem festen Netzwerk. Dieses sorgt für die nötige Festigkeit – löst sich aber gezielt auf, sobald Salzwasser ins Spiel kommt. So wird das Material im Meer schnell wieder abgebaut, ohne Spuren zu hinterlassen.

Die Grafik zeigt, wie Cellulose und Polyethylenguanidinium einen Kunststofffilm bilden, dessen Eigenschaften Cholinchlorid flexibel macht.
Die Grafik zeigt, wie sich Cellulose und Polyethylenguanidinium im Wasser zu einem transparenten Kunststofffilm verbinden. Später veränderten die Forscher die mechanischen Eigenschaften gezielt durch Zugabe des organischen Salzes Cholinchlorid. © RIKEN

Warum dieses Material hält, was andere nur versprechen

Zahlreiche Produkte im Handel tragen das Label „biologisch abbaubar“. Doch oft erfüllen sie diesen Anspruch nur in industriellen Kompostieranlagen. Hohe Temperaturen und exakt geregelte Bedingungen sind Voraussetzung. In der freien Natur, besonders im Meer, bleibt von diesem Versprechen meist wenig übrig. Mikroplastikpartikel gelangen in den Wasserkreislauf und damit auch in die Nahrungskette.

Das Material aus dem RIKEN-Institut unterscheidet sich deutlich. Salzwasser bringt die Moleküle gezielt zum Zerfallen. Der Abbauprozess startet direkt bei Kontakt mit Meerwasser. Rückstände entstehen nicht. Forschungsleiter Takuzo Aida fasst es so zusammen: „Aus einem der häufigsten natürlichen Stoffe auf der Erde haben wir ein flexibles, stabiles Material geschaffen, das sich im Meer sicher abbaut.“

Cholinchlorid macht den Unterschied

Die erste Version des neuen Materials war zwar robust, aber zu spröde. Es war durchsichtig, hart und zerbrach leicht – zu instabil für den Alltag. Die Lösung lieferte Cholinchlorid, ein biologisch abbaubares Salz, das auch als Lebensmittelzusatz zugelassen ist.

Mit dem Zusatz ließ sich die Beschaffenheit gezielt verändern. Je nach Dosierung wurde das Material weicher oder fester. In seiner flexibelsten Form konnte es bis zu 130 Prozent gedehnt werden, ohne zu reißen. Dabei blieb es stabil und transparent – ideale Eigenschaften für Folien oder Verpackungen.

Diese Eigenschaften machen den Unterschied

Der neue Werkstoff trägt die Bezeichnung CMCSP – kurz für Carboxymethylcellulose Supramolecular Plastic. Er vereint Eigenschaften, die viele Biokunststoffe bislang nicht gleichzeitig bieten konnten:

  • Es besteht aus pflanzlichen, günstigen und zugelassenen Rohstoffen.
  • Es lässt sich vollständig recyceln (Closed-Loop-Verfahren mit Elektrolyten).
  • Es ist je nach Bedarf flexibel oder hart herstellbar.
  • Es eignet sich für ultradünne Folien mit nur 0,07 Millimetern Dicke.
  • Es zerfällt im Meerwasser vollständig – ohne Rückstände oder Mikroplastik.

Bereits 2023 hatte das Team um Aida ein erstes supramolekulares Plastik präsentiert, das sich in Salzwasser auflöste. Die Herstellung galt jedoch als zu komplex für den breiten Einsatz. Die aktuelle Version basiert auf gängigen, günstigen Ausgangsstoffen und lässt sich einfacher verarbeiten.

Ein Video des RIKEN-Teams zeigt eine Einkaufstüte aus dem neuen Material. Innerhalb weniger Stunden löst sie sich in künstlich hergestelltem Meerwasser vollständig auf. © YouTube

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Team am RIKEN-Institut hat ein neues Material aus Zellulose entwickelt, das sich im Meer vollständig auflöst – ohne Mikroplastik zu hinterlassen.
  • Die Forscher schufen ein biologisch abbaubares Plastik, dass sich flexibel formen, recyceln und zu robusten Folien oder Tragetaschen verarbeiten lässt.
  • Im Gegensatz zu vielen anderen Biokunststoffen zerfällt es direkt im Salzwasser – ganz ohne Rückstände oder spezielle Bedingungen.

Übrigens: Selbst die antarktische Mücke bleibt nicht verschont – Forscher fanden Mikroplastik in ihrem Verdauungstrakt. Winzige Partikel aus Kleidung, Verpackungen und Meeresströmungen gelangen bis an die entlegensten Orte der Erde. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Freepik

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