Forscher lassen Axolotl-Schleim auf Krebszellen los – und lösen deren programmierten Tod aus
Der Schleim des Axolotls enthält Peptide, die in Laborversuchen gezielt Krebs abtöten – gesundes Gewebe bleibt dabei unversehrt.

Im Axolotl-Schleim fanden Forscher Peptide, die im Labor gegen resistente Keime und Brustkrebszellen gezielt wirksam waren. © Wikimedia
Er lebt im Wasser, kann Beine nachwachsen lassen – und jetzt vielleicht sogar Leben retten. Der Axolotl, ein amphibisches Tier aus Mexiko, fasziniert nicht nur durch sein Aussehen. Auf seiner Haut produziert er einen Schleim, der weit mehr kann, als ihn vor Infektionen zu schützen. Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun in diesem Axolotl-Sekret Stoffe entdeckt, die nicht nur gegen gefährliche Krankenhauskeime wirken – sondern auch gegen Krebs, wie aus der Studie hervorgeht.
Besonders erstaunlich: Die Peptide aus dem Schleim greifen gezielt bösartige Zellen an, ohne gesundes Gewebe zu beschädigen. Das macht sie zu einem vielversprechenden Ansatz für neue Medikamente – gerade bei multiresistenten Keimen und Brustkrebs.
Bakterienkiller im Axolotl-Schleim – auch gegen MRSA wirksam
Das Forschungsteam um die Biologin Sarah Strauß untersuchte den Hautschleim des Axolotls und fand darin fast 5000 verschiedene Eiweißbruchstücke. 22 davon wurden synthetisch nachgebaut und im Labor getestet – mit überraschendem Ergebnis.
Einige dieser sogenannten antimikrobiellen Peptide (AMP) wirkten effektiv gegen zwei besonders hartnäckige Erreger: den gewöhnlichen Staphylococcus aureus (MSSA) und dessen gefährliche resistente Variante MRSA.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- 22 Stoffe aus dem Axolotl-Schleim wurden im Labor nachgebaut.
- 6 Peptide hemmten das Wachstum normaler Bakterien wie MSSA.
- 4 Peptide wirkten gezielt gegen MRSA – darunter ein besonders starkes, das sogar mit dem Reserve-Antibiotikum mithalten konnte.
- Schon sehr geringe Mengen reichten aus, um die Bakterien zu stoppen.
„Vier unserer Axolotl-AMPs zeigten eine Wirksamkeit gegen MRSA, die mitunter sogar besser war als die des Reserveantibiotikums Vancomycin“, stellt Sarah Strauß fest.
Für Professor Dr. Peter M. Vogt ist das Ergebnis wegweisend: „Die Ergebnisse gegen MRSA sind besonders bedeutsam, weil die Verbreitung dieses multiresistenten Bakterienstammes mit dem übermäßigen Einsatz von Antibiotika sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Landwirtschaft weiter zunehmen wird.“
Axolotl-Schleim hemmt Krebs: Drei Peptide stoppen Brustkrebszellen gezielt
Noch spannender war, was passierte, als die Forscher die Peptide aus dem Axolotl-Schleim auf Brustkrebszellen losließen. Drei der Stoffe – mit den Nummern 1, 12 und 13 – lösten bei den Tumorzellen einen programmierten Zelltod aus. Gesunde Zellen blieben dabei unbehelligt. Das ist selten: Viele Krebsmedikamente schädigen auch gesundes Gewebe.
Die Wirkung setzte schon bei sehr niedrigen Mengen ein. Das ist entscheidend für die Entwicklung verträglicher Therapien – vor allem bei schwer behandelbaren Krebsformen.
„Diese Peptide töten Tumorzellen ab, ohne gesundes Gewebe zu schädigen. Das macht sie zu einer vielversprechenden Basis für neue Krebstherapien“, erklärt Mitautorin Prof. Dr. Britta Eiz-Vesper.
Gene reagieren – wichtige Schalter für Krebszellen werden umgelegt
Um besser zu verstehen, wie die Peptide auf Tumorzellen wirken, untersuchte das Forschungsteam die Aktivität bestimmter Gene in den behandelten Krebszellen. Dabei zeigten sich gezielte Veränderungen: Einige Gene, die Krebs bremsen, wurden stärker aktiviert – andere, die das Wachstum von Tumoren fördern, wurden abgeschaltet.
Konkret bedeutete das:
- Gene, die das Zellwachstum kontrollieren und Reparaturprozesse unterstützen – etwa BRCA1, BRCA2 oder NR3C1 – wurden stärker eingeschaltet.
- Gene, die mit Entzündungen, Zellteilung oder der Bildung von Metastasen zusammenhängen – zum Beispiel IL6 und MMP2 – wurden herunterreguliert.
Diese genetischen Reaktionen sprechen dafür, dass die getesteten Peptide das Wachstum und die Ausbreitung von Brustkrebszellen gezielt stören können.
Warum das auch für Patienten wichtig ist:
- Antibiotikaresistenzen nehmen zu – neue Wirkstoffe sind dringend gefragt.
- Krebstherapien könnten verträglicher werden, wenn sie gesunde Zellen schonen.
„Die Kombination aus antibakterieller und krebshemmender Wirkung ist selten. Dass wir sie in einem natürlichen Stoff wie dem Axolotl-Schleim finden, ist bemerkenswert“, sagt Prof. Dr. Doha Obed, ebenfalls Mitautorin der Studie.
Kurz zusammengefasst:
- Der Schleim des Axolotls enthält spezielle Peptide, die in Laborversuchen sowohl resistente Bakterien wie MRSA als auch Krebs, speziell Brustkrebszellen, wirksam bekämpften.
- Drei dieser Peptide lösten gezielt den programmierten Zelltod in Tumorzellen aus, ohne dabei gesundes Gewebe zu schädigen.
- Zusätzlich aktivierten sie Gene, die das Tumorwachstum bremsen, und blockierten krebsfördernde Gene – ein möglicher Ansatz für neue Medikamente.
Übrigens: Auch in den Peptiden aus dem Gift von Schlangen, Spinnen und Schnecken fanden Forscher mithilfe von KI neue Wirkstoffe gegen resistente Keime. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Adrien Cretté via Wikimedia unter CC BY 3.0