Ein Schuss Wasser im Diesel – und Abgase sinken um bis zu 68 Prozent

Wenn Diesel ein Schuss Wasser beigemischt wird, sinken die Abgase laut einer neuen Studie aus China deutlich – und die Motoren laufen effizienter.

Mann tankt ein weißes Auto

Mit Wasser im Diesel sinken Stickoxide und Feinstaub, ohne dass Motoren umgebaut werden müssen. © Unsplash

Ob Lieferwagen, Traktor oder Schiffsmotor – Diesel bleibt für viele Branchen unverzichtbar. Doch der Preis für die Zuverlässigkeit ist hoch: Stickoxide und Feinstaub aus dem Auspuff belasten Städte und Gesundheit. Während Elektroantriebe im Schwerlastbereich noch kein Massenprodukt sind, kommt nun eine verblüffend einfache Idee aus der Forschung: Ein Schuss Wasser im Diesel.

Eine neue Review im Fachjournal Carbon Research wertet Daten aus vielen Studien zur sogenannten Water-in-Diesel-Emulsion (WiDE) aus. Schon kleine Mengen Wasser im Kraftstoff reichten in einzelnen Versuchen aus, um die Stickoxidwerte (NOx) um bis zu 67 Prozent und den Feinstaubausstoß (PM) um 68 Prozent zu reduzieren.

Mögliche Effizienzgewinne seien ebenfalls messbar, etwa beim thermischen Wirkungsgrad. Wie stark sie ausfallen, hängt jedoch von Mischung, Herstellung und Motorbetrieb ab, heißt es in der Analyse.

Wasser macht Diesel sauberer

Die Water-in-Diesel-Emulsion funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Diesel wird mit 5 bis 20 Prozent Wasser vermischt, dazu kommt ein spezielles Tensid. Dieses sorgt dafür, dass sich beide Flüssigkeiten dauerhaft verbinden. Die Übersichtsarbeit beschreibt, dass solche Emulsionen in bestimmten Rezepturen bis zu 60 Tage stabil bleiben können – aber nicht jede Mischung hält automatisch so lange.

Im Zylinder des Motors entfaltet das Wasser gleich zwei Wirkungen. Es senkt die Verbrennungstemperatur, wodurch weniger Stickoxide entstehen. Gleichzeitig verdampfen die winzigen Wassertröpfchen explosionsartig. Diese Mikro-Explosionen zerstäuben den Kraftstoff feiner, die Verbrennung läuft vollständiger ab und es entsteht weniger Ruß.

Normalerweise gilt bei Diesel oft ein Zielkonflikt – weniger NOx kann mehr Ruß bedeuten. WiDE kann beides senken, muss es aber nicht in jeder Einstellung.

Mikro-Explosionen steigern die Effizienz

Durch den „Mikro-Explosionseffekt“ werden Luft und Diesel besser durchmischt, wodurch der thermische Wirkungsgrad steigt – also das Verhältnis von eingesetzter Energie zu erzielter Leistung – und das um bis zu 12 Prozent.

Beim Verbrauch (BSFC) zeigt die Literatur ein gemischtes Bild: Manche Studien messen weniger, andere mehr Verbrauch. Auch Leistung und Drehmoment fallen je nach Wasseranteil und Motorlast unterschiedlich aus. Bei hohen Wasseranteilen berichten einzelne Arbeiten sogar von Problemen wie stärkerem „Dieselklopfen“.

Anders als aufwendige Abgasnachbehandlungssysteme wirkt die Emulsion direkt während der Verbrennung. Sie lässt sich grundsätzlich in bestehenden Motoren einsetzen, ohne dass eine grundlegende Umkonstruktion nötig ist. Das spart Geld und Wartungsaufwand – besonders für Betriebe, die auf Diesel angewiesen bleiben. Die Autoren sehen WiDE dabei als Ergänzung im Werkzeugkasten – nicht als Ersatz für alle Technik im Abgasstrang.

Alternative zu teuren Filtersystemen

WiDE steht neben mehreren etablierten Strategien: Ein Dieselpartikelfilter (DPF) verringert vor allem Partikel, die Abgasrückführung (EGR) besonders Stickoxide. Ein Oxidationskatalysator (DOC) reduziert in erster Linie Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe, ein SCR-System senkt Stickoxide.

WiDE kann NOx und Partikel gleichzeitig drücken – doch CO und unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) können je nach Mischung auch steigen. Trotzdem bleibt der Ansatz interessant, weil er zwei der größten Diesel-Probleme – Stickoxide und Ruß/Feinstaub – gleichzeitig senken kann.

Das macht sie zu einer vielversprechenden Option für Branchen, in denen Elektrifizierung noch nicht praktikabel ist – etwa in der Landwirtschaft, im Schiffsverkehr oder bei Baumaschinen.

Die richtige Zusammensetzung entscheidet

Für die Wirksamkeit ist die Wahl der Tenside entscheidend. Diese verbinden Diesel und Wasser zu einer stabilen Mischung. Laut Review zeigten Emulsionen mit etwa 3 Prozent Tensid und einem sogenannten HLB-Wert (Hydrophilic-Lipophilic Balance) um 8 bis 9 in mehreren Studien gute Ergebnisse.

Wie viel Tensid man zusetzt (meist etwa 0,5 bis 5 Prozent), wie lange und wie kräftig man die Mischung rührt und wie sie hergestellt wird (zum Beispiel mit einem Homogenisierer oder per Ultraschall) entscheidet mit darüber, wie stabil die Emulsion bleibt – und wie gut sie im Motor wirkt.

„Die Stabilität der Emulsion bestimmt über den Erfolg der gesamten Technologie“, so die Studienautoren. In laufenden Projekten testen sie weitere Mischungen, um die Haltbarkeit zu verbessern und mögliche Materialbelastungen auszuschließen.

Ein praktikabler Schritt in Richtung sauberer Diesel

Mit einer Water-in-Diesel-Emulsion könnten bestehende Flotten ohne grundlegende Motor-Neuentwicklung verbessert werden. Für einen breiten Einsatz sind jedoch noch belastbarere Daten nötig – etwa zur Materialverträglichkeit, zu Korrosion und Ablagerungen sowie zu möglichen Langzeitfolgen für Motorkomponenten. Zudem empfehlen die Experten, WiDE gezielt mit anderen Abgastechniken zu kombinieren, um Zielkonflikte bei den Emissionen zu reduzieren.

Kurz zusammengefasst:

  • Eine Review in Carbon Research fasst viele Studien zu Wasser im Diesel (WiDE) zusammen: In einzelnen Tests sanken Stickoxide um bis zu 67 Prozent und Partikel/Feinstaub um bis zu 68 Prozent.
  • Warum das klappt: Wasser kühlt die Verbrennung (weniger Stickoxide) und verteilt den Diesel feiner (oft weniger Ruß) – wie gut das funktioniert, hängt stark von Mischung und Motorbetrieb ab.
  • Worauf es ankommt: Tensid und Rezeptur müssen stabil sein (teils bis zu 60 Tage), und für den Alltag fehlen noch gute Langzeitdaten zu Verschleiß, Korrosion und Ablagerungen.

Übrigens: Elektroautos schneiden besser ab, als viele denken. Eine neue Studie zeigt, dass sich ihr CO₂-Rucksack schon nach zwei Jahren Nutzung ausgleicht. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert