Suchindex „Made in Europe“: Deutsche Suchmaschine fordert Google heraus

Europäische Suchmaschinen wollen sich von US-Konzernen lösen und eine neue digitale Ära einläuten.

Ecosia-CEO Christian Kroll will in Zusammenarbeit mit der französischen Suchmaschine Qwant die Abhängigkeit von Tech-Konzernen reduzieren (Archivbild). © Wikimedia

Ecosia-CEO Christian Kroll will in Zusammenarbeit mit der französischen Suchmaschine Qwant die Abhängigkeit von Tech-Konzernen reduzieren (Archivbild). © Wikimedia

Die Internet-Suche wird von wenigen großen US-Konzernen dominiert. Google verarbeitet täglich Milliarden von Suchanfragen, Microsofts Bing spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Doch zwei europäische Suchmaschinen wollen das ändern: Ecosia aus Deutschland und Qwant aus Frankreich arbeiten an einem eigenen Suchindex. Damit wollen sie ihre Abhängigkeit von den großen Tech-Konzernen verringern und neue Technologien schneller entwickeln. Ihr gemeinsames Projekt heißt European Search Perspective (EUP) – und könnte die digitale Landschaft in Europa verändern.

Warum Ecosia und Qwant ihr eigenes System brauchen

Bisher greifen sowohl Ecosia als auch Qwant auf die Suchergebnisse von Bing zurück, dem Dienst von Microsoft. In manchen Fällen nutzt Ecosia auch Daten von Google. Das bedeutet, dass die beiden europäischen Anbieter von den Informationen abhängig sind, die diese Konzerne zur Verfügung stellen. Doch genau das wird laut TechCrunch zunehmend problematisch.

Zum einen sind die Kosten gestiegen: Microsoft hat die Preise für den Zugriff auf die Bing-Suche drastisch erhöht. Zum anderen könnten die Konzerne irgendwann entscheiden, den Zugang einzuschränken. Eine eigene Datenbasis würde Ecosia und Qwant mehr Kontrolle geben und langfristig Kosten sparen.

Künstliche Intelligenz verändert die Suche

Ein weiterer entscheidender Faktor ist der wachsende Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI). Moderne Suchmaschinen verwenden zunehmend generative KI, also Programme, die eigenständig Texte, Bilder oder Zusammenfassungen erzeugen können.

Ecosia und Qwant experimentieren bereits mit KI-gestützten Funktionen. Bislang müssen sie dafür auf externe Systeme zurückgreifen, also auf die großen KI-Modelle von Google oder Microsoft. Mit einem eigenen Suchindex hätten sie mehr Freiheit, solche Technologien zu integrieren und anzupassen.

„Mit der Entwicklung von KI-Tools gibt es eine neue Nachfrage nach Suchindizes“, sagte Ecosia-Chef Christian Kroll laut TechCrunch. Google und Bing seien zurückhaltender geworden, wenn es darum gehe, ihren Index für andere Suchmaschinen zugänglich zu machen. Daher sei es entscheidend, eigene Lösungen zu entwickeln.

Ein Suchindex – was ist das überhaupt?

Ein Suchindex ist das technische Fundament einer Suchmaschine. Er funktioniert wie ein riesiges digitales Archiv, in dem Websites gespeichert und kategorisiert werden. Wenn eine Suchanfrage gestellt wird, durchsucht die Suchmaschine diesen Index und liefert passende Ergebnisse.

Google und Microsoft haben ihre eigenen Indizes und kontrollieren, welche Inhalte für Suchanfragen genutzt werden. Ecosia und Qwant wollen mit EUP eine Alternative schaffen, die europäische Datenschutzstandards einhält und unabhängig von den großen US-Konzernen ist.

Ziel: Mehr Datenschutz und europäische Unabhängigkeit

Datenschutz ist ein weiteres Argument für das Projekt. Während Google die Suchanfragen personalisiert und auf Nutzerdaten zugeschnittene Ergebnisse liefert, setzt Qwant auf Privatsphäre. Der neue Index soll diese Philosophie weiterführen:

Wir werden weiter ohne personalisierte Daten arbeiten und den Algorithmus nur auf verfügbaren Informationen optimieren.

Qwant-CEO Olivier Abecassis

Auch politisch ist die Entwicklung eines europäischen Suchindexes von Bedeutung. Laut TechCrunch fördert die EU mit dem Digital Markets Act gezielt Projekte, die technologische Unabhängigkeit stärken. „Jetzt ist der richtige Moment“, betonte Kroll. Ein Beispiel: Falls sich die geopolitische Lage ändert und die USA den Zugang zu Google oder Bing einschränken würden, wäre Europa stark von diesen Plattformen abhängig. Mit einem eigenen Index könnten europäische Anbieter die Kontrolle über ihre Suchtechnologie behalten.

Konkurrenz und technische Herausforderungen

Es gibt bereits Suchmaschinen, die eigene Indizes entwickelt haben. Der Anbieter Brave etwa hat sich vollständig von Bing gelöst. Qwant und Ecosia betonen jedoch, dass ihr Ansatz anders sei. „Wir kopieren nicht einfach Google oder Microsoft“, erklärte Abecassis laut TechCrunch. Stattdessen wollen sie alle verfügbaren Dokumente selbst indexieren und mit einem eigenständigen Algorithmus auswerten.

Eine Herausforderung bleibt: Suchmaschinen müssen Webseiten durchsuchen und ihre Inhalte speichern. Doch große Plattformen wie Facebook oder Instagram schränken den Zugriff für Suchmaschinen zunehmend ein.

Finanzierung und Zukunftspläne

Ecosia und Qwant investieren bereits in das Projekt, nennen aber keine genauen Summen. EUP wird als eigenständiges Unternehmen gegründet, um zusätzliches Kapital von Investoren zu erhalten. Ecosia hat weltweit rund 20 Millionen monatliche Nutzer, Qwant verzeichnet etwa 6 Millionen in Frankreich. Diese Nutzerbasis könnte helfen, den neuen Suchindex schneller weiterzuentwickeln.

Im Laufe des Jahres 2025 soll es für deutsche Suchanfragen verfügbar sein. Langfristig könnte das Projekt eine echte Alternative zu den US-Suchmaschinen bieten – mit mehr Datenschutz und europäischer Kontrolle.

Kurz zusammengefasst:

  • Ecosia und Qwant entwickeln gemeinsam einen europäischen Suchindex, um unabhängiger von Google und Microsoft zu werden und steigende API-Kosten zu vermeiden.
  • Der eigene Index soll nicht nur Kosten senken, sondern auch den Datenschutz verbessern und die Integration von Künstlicher Intelligenz ermöglichen.
  • Das Projekt European Search Perspective (EUP) soll 2025 in Deutschland starten und langfristig eine Alternative zu den großen US-Suchmaschinen bieten.

Bild: © Web Summit via Wikimedia unter CC BY 2.0

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