KI übernimmt im All – Roboter Astrobee steuert sich erstmals selbst auf der ISS

Auf der ISS steuert erstmals eine KI den Roboter Astrobee selbstständig durch die Raumstation – ein Experiment der Stanford University mit großem Erfolgspotenzial.

Astrobee auf der ISS

Der Roboter Astrobee bewegt sich eigenständig durch die Module der ISS. Wissenschaftler der Stanford University testeten erstmals eine KI, die seine Bewegungen steuert. © NASA

Auf der Internationalen Raumstation ist der Tagesablauf so dicht getaktet, dass selbst Routinearbeiten zur Herausforderung werden. Zwischen Experimenten, Reparaturen und Wartungsarbeiten ist jeder Handgriff genau geplant. Unterstützung kommt nun von einem ungewöhnlichen Kollegen: einem kleinen, würfelförmigen Roboter, der sich selbstständig durch die Module bewegt.

Der Helfer heißt Astrobee, ist in etwa so groß wie ein Toaster und wird mit Ventilatoren angetrieben. Neu ist, dass er sich erstmals ohne Steuerung von der Erde oder der Crew orientieren kann. Möglich macht das ein lernendes System, das Hindernisse erkennt, Routen berechnet und Bewegungen in Echtzeit anpasst. Wissenschaftler der Stanford University haben auf der ISS damit ein Experiment gestartet, das zeigt, wie KI im All zu einem verlässlichen Crewmitglied werden könnte – präzise, energiesparend und sicher. „Das System macht die Bewegung um 50 bis 60 Prozent effizienter“, sagt Projektleiterin Somrita Banerjee.

KI optimiert Bewegungen auf der ISS

Die Forscher kombinierten mathematische Optimierung mit maschinellem Lernen. Statt jede Route neu zu berechnen, nutzt das System frühere Bahnverläufe – ein Verfahren, das „Warm Start“ heißt. Dadurch kann der Roboter auf gespeicherte Daten zugreifen und die Berechnungen deutlich beschleunigen. Das spart Energie und Rechenzeit – beides auf der ISS stark begrenzt.

Im Training lernte die KI aus Tausenden aufgezeichneter Bewegungen, wo freie Wege liegen, welche Routen sicher sind und wo Hindernisse auftreten. „Sie erkennt, wo ein Korridor immer existiert und wo es eng wird“, erklärt Banerjee. Vor dem Flug ins All wurde das System auf einem Luftkissentisch im NASA-Forschungszentrum Ames getestet, der Schwerelosigkeit simuliert. Erst danach durfte die KI auf der ISS arbeiten.

Vier Stunden Testlauf im All

Bei den Experimenten steuerte die KI den Roboter in 18 verschiedenen Flugbahnen. Jede wurde zweimal durchgeführt – einmal mit klassischer Steuerung und einmal mit dem neuen System. Astrobee bewegte sich präziser, verbrauchte weniger Energie und benötigte weniger Zeit pro Auftrag. Besonders in engen Modulen reagierte er schneller auf Hindernisse.

Banerjee erinnert sich an den Moment des Erfolgs: „Der schönste Teil war, die Astronauten vorbeischweben zu sehen, während der Roboter arbeitete.“

Sicherheit bleibt oberstes Prinzip

Trotz der Autonomie ersetzt die KI keine Kontrollmechanismen. Jede Bewegung bleibt überwacht. „Die KI hilft, schneller eine gute Lösung zu finden – sie ersetzt aber keine Sicherheitsprüfungen“, so Seniorautor Marco Pavone, Professor für Luft- und Raumfahrttechnik an der Stanford University.

Nach den erfolgreichen Tests stufte die NASA die Technik als reif für den weiteren Einsatz ein. Künftig könnte das System bei längeren Missionen oder autonomen Satelliten verwendet werden. Für Astronauten würde das mehr Zeit für Forschung und weniger Routine bedeuten.

Nächster Schritt: Einsatz bei Mond- und Marsmissionen

Die Experten wollen das System nun weiterentwickeln. Bei künftigen Missionen zum Mond oder Mars müssen Roboter oft ohne Kontakt zur Erde auskommen. Eine zuverlässige KI, die sicher navigiert und selbstständig entscheidet, wird dann unverzichtbar sein.

In Zusammenarbeit mit dem Stanford Space Rendezvous Lab planen die Wissenschaftler größere Modelle, ähnlich wie bei modernen Sprachsystemen oder autonomen Fahrzeugen. Sie sollen komplexere Umgebungen erfassen und auf unvorhersehbare Situationen reagieren können.

Kurz zusammengefasst:

  • Auf der ISS steuert erstmals eine KI den Roboter Astrobee, der eigenständig navigiert und Astronauten von Routineaufgaben entlastet.
  • Forscher der Stanford University kombinierten maschinelles Lernen mit mathematischer Optimierung, wodurch Astrobee seine Flugbahnen um bis zu 60 Prozent schneller berechnet.
  • Die NASA bewertete die Technologie als einsatzreif im Orbit – ein wichtiger Schritt hin zu autonomen Systemen für künftige Missionen zu Mond und Mars.

Übrigens: Im Orbit wird es eng – mehr als 8.000 Satelliten kreisen bereits um die Erde, und der Weltraumschrott nimmt weiter zu. Wie Wissenschaftler mit Recycling, Reparatur und KI eine nachhaltige Raumfahrt aufbauen wollen – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © NASA

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