Vom Fischmaul inspiriert – Neuer Filter befreit Waschmaschinen von Mikroplastik

Ein neuer Mikroplastik-Filter für Waschmaschinen nutzt das Prinzip von Fischmäulern, um winzige Kunststofffasern aus dem Abwasser zu entfernen.

Ansicht einer Waschmaschine

Beim Waschen entstehen unsichtbar kleine Plastikfasern, die mit dem Abwasser in Flüsse und Meere gelangen. Ein neuer Filter soll diese Mikroplastikreste künftig direkt in der Waschmaschine auffangen. © Freepik

Waschmaschinen erleichtern den Alltag, tragen aber unbemerkt zur Umweltbelastung bei: Bei jedem Waschgang lösen sich winzige Kunststofffasern aus der Kleidung und gelangen ins Abwasser. Waschmaschinen gehören damit zu den größten Quellen für Mikroplastik im Alltag. Nach Schätzungen entstehen pro Haushalt bis zu ein halbes Kilogramm dieser Partikel pro Jahr.

Experten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn haben nun einen Filter entwickelt, der das verhindern könnte. Die Idee stammt aus der Natur: Viele Fischarten, etwa Makrelen oder Sardinen, filtern ihre Nahrung aus dem Wasser. Dabei strömt Wasser durch feine Lamellen in ihren Kiemen, während Plankton zurückgehalten wird. Diesem Prinzip folgt nun auch der neue Waschmaschinen-Filter und fängt Mikroplastik ab.

Filterprinzip aus der Natur

Der konische Filter leitet das Wasser nicht frontal durch ein Sieb, sondern schräg an einer Trichterwand entlang. So bleiben Partikel nicht hängen, sondern rollen weiter – ähnlich wie bei den Kiemen von Fischen. „Unser fischinspirierter Filter konnte im Labor bis zu 99,6 Prozent der Mikroplastikfasern aus dem Waschwasser entfernen“, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Das System reinigt sich dabei selbst und verstopft kaum.

Im Inneren des Mauls dieser Sardelle werden Planktonpartikel durch das Kiemenreusensystem zurückgehalten.
Im Maul einer Sardelle fängt das Kiemenreusensystem winzige Planktonpartikel auf – das natürliche Vorbild für den neuen Mikroplastik-Filter in Waschmaschinen. © Jens Hamann

Das Forschungsteam testete mehrere Varianten des Filters. Am effektivsten arbeitete ein Modell mit einer Neigung von rund elf Grad. Damit ließen sich nahezu alle Kunststofffasern zurückhalten, ohne dass die Filterleistung abnahm. Im Versuch zeigte sich:

  • 99,6 Prozent der Mikroplastikfasern wurden entfernt.
  • 85 Prozent der Partikel landeten automatisch im Sammelbereich.
  • Nur 4,9 Prozent des Wassers blieb als Konzentrat zurück.
  • Der Filter verstopfte bis zu siebenmal langsamer als herkömmliche Systeme.

Der neue Filter könnte künftig direkt in Waschmaschinen integriert werden. Er arbeitet wartungsarm und benötigt keine aufwendige Mechanik.

Selbstreinigender Mechanismus

Sobald sich im Sammelbereich genügend Partikel befinden, öffnet sich automatisch eine kleine Klappe. Die Fasern werden in einen Auffangbehälter gespült, wo sie zu einem festen Pellet gepresst werden. Dieses kann über den Hausmüll entsorgt werden. Eine manuelle Reinigung ist nur selten nötig. Für die Tests nutzten die Wissenschaftler Polyamidfasern, wie sie in synthetischen Textilien vorkommen.

Das Filterelement im Zentrum imitiert das Kiemenreusensystem der Fische. Das Filtergehäuse ermöglicht eine periodische Reinigung und den Einbau in Waschmaschinen.
Der neue Mikroplastik-Filter ahmt das Kiemenreusensystem von Fischen nach. Sein Gehäuse ermöglicht eine regelmäßige Selbstreinigung und den Einbau in moderne Waschmaschinen. © Christian Reuß/Leandra Hamann

Mikroplastik im Alltag

Mikroplastik ist längst überall zu finden – in Flüssen, im Trinkwasser, in Lebensmitteln und sogar im menschlichen Körper. Es entsteht durch den Zerfall von Kunststoffen oder beim Waschen von Textilien. Ein Teil wird in Kläranlagen aufgefangen, doch über den Klärschlamm gelangt viel davon auf Felder und in Böden. Typische Quellen sind:

  • Kleidung aus Polyester, Nylon oder Fleece
  • Kosmetikprodukte mit Kunststoffpartikeln
  • Reifen- und Sohlenabrieb
  • Plastikverpackungen, die im Freien verwittern

Ein Filter für Waschmaschinen kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten, um Mikroplastik schon im Haushalt abzufangen.

Filter soll alltagstauglich und serienreif werden

Die Universität Bonn arbeitet dabei mit dem Fraunhofer-Institut UMSICHT zusammen. Beide Einrichtungen haben die Technologie bereits zum Patent angemeldet. Der Filter lässt sich kostengünstig herstellen und könnte in künftigen Waschmaschinen-Generationen serienmäßig verbaut werden.

Bevor es soweit ist, sollen Langzeittests zeigen, wie sich das System bei unterschiedlichen Waschprogrammen und Wasserhärten verhält. Ziel ist eine praxistaugliche Lösung, die zuverlässig funktioniert und sich ohne Aufwand in den Alltag integrieren lässt.

Kurz zusammengefasst:

  • Waschmaschinen zählen zu den größten Verursachern von Mikroplastik. Pro Haushalt gelangen jährlich bis zu 500 Gramm winziger Kunststofffasern ins Abwasser – viele davon über den Klärschlamm in Böden und Gewässer.
  • Forscher der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn entwickelten einen neuartigen Filter, der Mikroplastik nach dem Vorbild von Fischkiemen auffängt. Er entfernt bis zu 99,6 Prozent der Partikel, reinigt sich selbst und verstopft kaum.
  • Der neue Filter für Waschmaschinen könnte künftig serienmäßig eingebaut werden und hilft, den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt deutlich zu verringern.

Übrigens: Auch in den Tiefen der Ozeane sammelt sich Mikroplastik – und bleibt dort jahrzehntelang in Bewegung. Wie Experten der Kyushu University herausfanden, entstehen dabei unsichtbare Schichten aus Kunststoffpartikeln, die sich dauerhaft im Meer halten. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Freepik

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert