Kann man Stimmung riechen? – Wie ein Konzert ausgeatmete Luft in Parfum verwandelt
Bei einem Konzert wurde Atemluft gesammelt, CO₂ gefiltert und zu Ethanol verarbeitet – die Basis für ein Parfum aus moderner Chemie.
Aus der Atemluft eines Konzerts wird ein Rohstoff: Das eingefangene CO₂ dient als Basis für ein Parfum und macht moderne Chemie greifbar. © Jung von Matt
Aus der ausgeatmeten Luft bei einem Konzert des Wiener Rappers Bibiza entsteht ein Parfum – genauer gesagt aus dem enthaltenen Kohlendioxid (CO₂). Wer bei einem tanzenden und mitsingenden Publikum an Schweiß- und Bierdunst denkt, kann aber beruhigt sein: CO₂ ist geruchlos. Dieses wird aus der Luft herausgefiltert, zu Ethanol umgewandelt und für das Parfum mit Duftstoffen ergänzt. Bei dem Projekt geht es nämlich vor allem darum, zu zeigen, was moderne Chemie leisten kann.
Dafür hat der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) ein Privatkonzert von Bibiza als Plattform genutzt. Bei dem präzise geplanten Experiment lieferte die ausgeatmete Luft jenes CO₂, das mit einem an der Technischen Universität Wien entwickelten Gerät mit Direct-Air-Capture-Technologie (DAC-Impact) herausgefiltert wurde. Im Mittelpunkt steht dann ein Prozess, bei dem aus Emissionen neue Wertstoffe entstehen. In der Fachsprache heißt dies Carbon Capture and Utilization (CCU).
Wie Atemluft plötzlich zum Rohstoff wird
Bei dem Konzert in Linz diente die ausgeatmete Luft von Musikern und rund 200 Gästen als Quelle für Kohlendioxid. Innerhalb einer Stunde kommen dabei etwa 1.500 Liter CO₂ zusammen. Dieses Gas wurde nicht einfach in die Umgebung abgegeben, sondern mithilfe spezieller Filter direkt aus der Raumluft abgeschieden.
Im nächsten Schritt wurde das abgeschiedene Kohlendioxid weiterverarbeitet. Über einen elektrochemischen Prozess entstand daraus Ethanol. Dieser Alkohol dient in vielen Parfums als Trägerstoff für Duftnoten. Ein Forscher der Technischen Universität Wien beschreibt das so: „Unsere Technologie verwendet spezielle Filter, die CO₂ aus der Umgebungsluft ziehen, speichern und für weitere chemische Prozesse anwendbar machen.“ Aus einem Klimagas wird damit ein nutzbarer Grundstoff.
Was hinter Carbon Capture and Utilization steckt
Der chemische Weg vom Kohlendioxid zum Alkohol gehört zur sogenannten Carbon Capture and Utilization, kurz CCU. Gemeint ist die Nutzung von CO₂ als Rohstoff. Statt Emissionen nur zu vermeiden oder dauerhaft zu speichern, entstehen neue Materialien. Beim Konzert bildete der gewonnene Alkohol die Basis für einen Duft, der später mit klassischen Duftstoffen ergänzt wurde.
Begleitet wurde das Projekt vom Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs. Dessen Obmann Ulrich Wieltsch sagte: „So entsteht aus einem Stoff, der als Klimagas gilt, etwas Neues und Wertvolles.“ Für die Branche steht dabei weniger das Produkt im Vordergrund. Entscheidend ist der Einblick in Verfahren, die zeigen, was heute bereits möglich ist – und wo technologische Grenzen liegen.
Warum solche Verfahren noch nicht alltäglich sind
Direct Air Capture spielt in vielen Klimaszenarien eine wichtige Rolle. Der entscheidende Engpass bleibt jedoch der Energiebedarf. Kohlendioxid kommt in der Luft nur in sehr geringer Konzentration vor. Das Herausfiltern benötigt Strom. Genau an diesem Punkt setzt die Forschung an.
Die zugrunde liegende Studie und das Projekt „DAC Impact“ der TU Wien konzentrieren sich deshalb auf Effizienz. Ziel ist es, Filtermaterialien und Prozesse so weiterzuentwickeln, dass der Energieeinsatz sinkt. Solche Verfahren ersetzen keine Emissionsvermeidung. Sie machen jedoch verständlich, wie ein künftiger CO₂-Kreislauf technisch aussehen könnte.
Kurz zusammengefasst:
- Ausgeatmete Luft enthält CO₂, das sich mit heutiger Technik direkt aus der Umgebung filtern und elektrochemisch zu Ethanol umwandeln lässt, einem Alkohol, der unter anderem in Parfums verwendet wird.
- Ein Konzert in Linz zeigte anschaulich, wie Direct Air Capture und Carbon Capture and Utilization funktionieren, indem CO₂ aus Atemluft als Rohstoff genutzt wurde statt als reines Klimagas zu gelten.
- Solche Verfahren machen einen künftigen CO₂-Kreislauf verständlich, sind aber noch energieintensiv und dienen derzeit vor allem als Demonstration ihres Potenzials, nicht als Ersatz für Emissionsvermeidung.
Übrigens: Während bei einem Konzert Atemluft zu Parfum wurde, zeigt eine neue Technik aus Wien, wie sich CO₂ künftig auch im großen Stil günstiger aus der Luft holen lässt. Ein Verfahren der TU Wien senkt den Energiebedarf deutlich – mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Jung von Matt
