Forscher drucken erstmals Metallteile in Schwerelosigkeit – Schlüssel für Mond- und Marskolonien

Zum ersten Mal ist es Forschern gelungen, Metallteile per 3D-Druck in der Schwerelosigkeit herzustellen – ein Meilenstein für künftige Missionen zum Mond und Mars.

Projektingenieur Marvin Raupert mit einem Modell, das den 3D-Druckprozess veranschaulicht.

Projektingenieur Marvin Raupert präsentiert ein Modell, das den 3D-Druck in der Schwerelosigkeit zeigt. Das soll künftig Reparaturen im Weltraum möglich machen. © Sören Pinsdorf/LUH

Für die Vision einer künftigen Besiedlung von Mond oder Mars braucht es Fertigungsmethoden, die Güter für den täglichen Bedarf direkt vor Ort und mit den vorhandenen Ressourcen ermöglichen. Wenn im All ein wichtiges Bauteil versagt, zählt jede Sekunde. Nachschub von der Erde dauert – oder ist überhaupt nicht möglich. Wer in einer Raumstation oder auf dem Mond lebt, muss mit dem auskommen, was verfügbar ist. Deshalb werden Verfahren benötigt, die auch unter extremen Bedingungen zuverlässig funktionieren.

Ein Forschungsteam der Leibniz Universität Hannover hat nun gezeigt, dass dies machbar ist: Erstmals konnten Metallteile mit 3D-Druck in der Schwerelosigkeit hergestellt und repariert werden. Die Technik wurde in einer wissenschaftlichen Untersuchung erprobt und könnte die Arbeit, den Bau und sogar das Überleben im All grundlegend verändern.

Metall-3D-Druck in Schwerelosigkeit erstmals gelungen

Bisher mussten Ersatzteile aufwendig mitgeführt werden. Das neue Verfahren ermöglicht es nun, Bauteile direkt vor Ort herzustellen. Grundlage ist eine Technik aus der industriellen Fertigung: das Laserauftragschweißen.

Dabei wird Metallpulver mit einem Laser geschmolzen und Schicht für Schicht aufgetragen, bis ein vollständiges Bauteil entsteht. Was auf der Erde problemlos funktioniert, scheiterte bislang im All – das Pulver ließ sich aufgrund der Schwerelosigkeit kaum kontrollieren.

Dieses Hindernis konnte das Team nun überwinden. Mit einer angepassten Pulverführung und optimierter Prozesssteuerung gelang es, das Material auch unter Weltraumbedingungen präzise zu verarbeiten – ein entscheidender Schritt für die 3D-Fertigung im All.

Einstein-Elevator macht Schwerelosigkeit am Boden erlebbar

Getestet wurde die Methode im Einstein-Elevator des Hannover Institute of Technology (HITec). Die Anlage erzeugt für wenige Sekunden echte Schwerelosigkeit – ganz ohne Rakete, aber mit kontrolliertem freien Fall. Sie ist weltweit einmalig und erlaubt realistische Weltraumbedingungen auf der Erde.

In den Versuchen kamen zwei Materialien zum Einsatz:

  • Titanlegierungen – leicht, widerstandsfähig und ideal für die Raumfahrt
  • Nickellegierungen – hitzebeständig und korrosionsresistent

Beide konnten unter den simulierten Bedingungen erfolgreich verarbeitet werden.

Blick in die geöffnete Versuchskammer. Auf der runden Trägerplatte in der Mitte sind mehrere in Schwerlosigkeit hergestellte kleine Metallzylinder zu sehen.
Blick in die geöffnete Versuchskammer: Auf der Trägerplatte liegen kleine Metallzylinder, die erstmals in Schwerelosigkeit gedruckt wurden. © Sören Pinsdorf/LUH

Drucker statt Ersatzteillager

Für Raumfahrtmissionen bedeutet das einen echten Fortschritt. Bei Raketenstarts zählt jedes Gramm. Jedes mitgeführte Ersatzteil bedeutet zusätzlichen Aufwand. Wenn Astronauten jedoch künftig Bauteile vor Ort selbst drucken können, wird die Versorgung deutlich einfacher. Das erhöht die Sicherheit, spart Kosten und gibt den Crews mehr Autonomie – entscheidende Faktoren für den Erfolg jeder Mission.

Die Vorteile im Überblick:

  • Reparaturen direkt im All – keine langen Wartezeiten, keine Notlösungen
  • Gewicht sparen beim Start – statt Ersatzteilen nur Drucker und Pulver
  • Mehr Sicherheit – beschädigte Teile lassen sich sofort ersetzen
  • Vielfältige Einsatzmöglichkeiten – nicht nur in Raumstationen, sondern auch für Mondstationen
  • Zukunftspläne – bald soll sogar Mondgestein als Ausgangsmaterial genutzt werden

Mondstaub wird zum Baumaterial

Die Vision geht noch weiter. Künftig wollen die Forscher Mondregolith, also den staubigen Boden des Mondes, zum Drucken nutzen. Werkzeuge, Bauteile oder Unterkünfte könnten dann aus Material bestehen, das direkt vor Ort verfügbar ist. Auf diese Weise ließen sich bemannte Missionen langfristig versorgen, ohne auf aufwendige Nachlieferungen von der Erde angewiesen zu sein.

Kurz zusammengefasst:

  • Forschern der Leibniz Universität Hannover ist es erstmals gelungen, mithilfe von 3D-Druck Metallteile unter Schwerelosigkeit herzustellen – ein entscheidender Schritt für künftige Weltraummissionen.
  • Das Verfahren basiert auf dem Laserauftragschweißen, bei dem Metallpulver Schicht für Schicht aufgetragen wird – getestet wurde es im Einstein-Elevator, einer weltweit einzigartigen Anlage für Weltraumbedingungen auf der Erde.
  • Ziel ist es, Raumfahrer künftig unabhängig von Nachschub zu machen – sie sollen defekte Bauteile direkt im All reparieren und sogar mit Mondstaub vor Ort neue Teile fertigen können.

Übrigens: Während ein Team aus Hannover Metallteile per 3D-Druck in Schwerelosigkeit herstellt, arbeiten andere Forscher an der Beseitigung gefährlicher Trümmer im Orbit – mithilfe eines präzisen Plasmastrahls. Wie diese kontaktlose Technologie Weltraumschrott aus der Bahn lenken soll, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Sören Pinsdorf/LUH

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