Neue Medikamente stoppen gefährliche Fettleber – Ärzte sprechen von einem medizinischen Wendepunkt

Erstmals zeigen Studien wirksame Therapien gegen entzündliche Fettleber: Neue Medikamente stoppen Entzündungen und verbessern die Leberfunktion.

Zwei neue Medikamente stoppen gefährliche Fettleber

Die neuen Medikamente Resmetirom sowie Wegovy und Ozempic mit dem Wirkstoff Semaglutid können die Leber entlasten – sie mindern Entzündungen und unterstützen beim Abnehmen. © DALL-E

Noch vor wenigen Jahren gab es für Millionen Betroffene kaum Hoffnung: Die entzündliche Fettleber – medizinisch MASH (Metabolisch-assoziierte Steatohepatitis) genannt – galt als unheilbar. Sie kann schleichend Lebergewebe zerstören, zur Zirrhose führen und das Krebsrisiko erhöhen. Jetzt zeigen Studien, dass gleich zwei neue Medikamente den Krankheitsverlauf bei Fettleber auf natürliche, organische Weise bremsen oder sogar umkehren können. Ärzte sprechen von einem Wendepunkt in der Lebermedizin.

Für viele Patientinnen und Patienten ist das eine Nachricht mit enormer Bedeutung. Denn die Fettleber gehört längst zu den häufigsten Zivilisationskrankheiten – verursacht durch Übergewicht, Bewegungsmangel oder eine ungesunde Ernährung. In Deutschland ist nach Schätzungen fast jede dritte erwachsene Person betroffen, oft ohne es zu wissen. Besonders gefährlich wird es, wenn sich die Leber entzündet. Dann steigt das Risiko für bleibende Schäden dramatisch.

Neue Medikamente bekämpfen Fettleber auf zwei unterschiedlichen Wegen

Der Innsbrucker Leberforscher Herbert Tilg erklärt im Gespräch mit der APA: „Zwei Waffen sind jetzt da.“ Gemeint sind das neue Medikament Resmetirom und die bekannten Abnehmspritzen Wegovy und Ozempic, deren Wirkstoff Semaglutid ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt wurde.

Resmetirom greift direkt in der Leber an, während Semaglutid über den Stoffwechsel und die Gewichtsreduktion wirkt. Beide Medikamente zielen auf dieselbe Ursache: die Entzündung, die die Leber langsam zerstört.

Resmetirom stoppt die Entzündung und senkt das Narbenrisiko

Die entscheidende Studie zu Resmetirom wurde 2024 im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Sie gilt als Meilenstein der Leberforschung. In der Phase-3-Studie wurden 966 Menschen mit entzündlicher Fettleber und Fibrose ein Jahr lang behandelt.

  • In der Gruppe, die täglich 80 oder 100 Milligramm Resmetirom einnahm, klang die Entzündung bei rund 30 Prozent der Teilnehmer vollständig ab.
  • Bei etwa einem Viertel verbesserte sich das Narbengewebe deutlich.
  • In der Placebo-Gruppe traten diese Effekte nur halb so häufig auf.

„Es ist die erste wirksame Therapie, die die Medizin in diesem Bereich definiert hat“, sagt Tilg. Auch die Cholesterinwerte sanken: Das „schlechte“ LDL-Cholesterin ging im Durchschnitt um bis zu 16 Prozent zurück – ein zusätzlicher Schutz für Herz und Kreislauf.

Medikament bald auch in Europa erhältlich

Resmetirom wurde Anfang 2024 in den USA zugelassen und erhielt im August 2025 auch die EU-Zulassung. Der Wirkstoff aktiviert in der Leber einen speziellen Rezeptor, der den Fettstoffwechsel reguliert und Entzündungen dämpft. Tilg rechnet damit, dass das Mittel schon im kommenden Jahr breit eingesetzt werden kann. „Jetzt können wir was tun. Das ist ein Wendepunkt, ein Neustart“, so der Forscher.

Das Medikament könnte vor allem Menschen helfen, bei denen Diät und Bewegung allein nicht ausreichen, um die Krankheit aufzuhalten.

Wegovy und Ozempic verbessern ebenfalls die Lebergesundheit

Auch Semaglutid, der Wirkstoff aus Wegovy und Ozempic, zeigt beeindruckende Ergebnisse. Eine aktuelle Phase-3-Studie im New England Journal of Medicine (April 2025) untersuchte über 1100 Patientinnen und Patienten mit MASH und fortgeschrittener Fibrose.

Nach 72 Wochen zeigte sich:

  • 62,9 Prozent der Behandelten hatten keine Anzeichen von Entzündung mehr
  • bei 36,8 Prozent bildete sich das Narbengewebe zurück
  • die Teilnehmer verloren im Schnitt rund zehn Prozent ihres Körpergewichts

Damit belegt diese sogenannte ESSENCE-Studie, dass die Abnehmspritze nicht nur beim Gewichtsverlust hilft, sondern auch direkt auf die Leber einwirkt.

Ozempic hilft über den Stoffwechsel – und über das Fettgewebe

Semaglutid imitiert das Hormon GLP-1, das die Insulinausschüttung und den Appetit reguliert. Indem es den Blutzucker stabilisiert und das Körpergewicht reduziert, entlastet es die Leber. Gleichzeitig dämpft der Wirkstoff entzündliche Prozesse.

Nebenwirkungen traten vor allem im Magen-Darm-Trakt auf, etwa Übelkeit oder Durchfall. Schwere Komplikationen waren selten. „Diese Spritzen verbessern die Fettlebererkrankung mit Entzündung und Vernarbung deutlich“, so Tilg. Allerdings übernehmen Krankenkassen die Kosten bisher nur bei Diabetes-Patienten.

Kombination aus Medikamenten und Lebensstil ist entscheidend

Medikamente allein reichen nicht. Tilg macht deutlich, dass eine dauerhafte Besserung nur gelingt, wenn Betroffene ihren Lebensstil ändern. „Gewichtsabnahme ist eine sehr potente, entzündungshemmende Maßnahme“, sagt er.

Ein gesunder Alltag mit Bewegung, ausgewogener Ernährung und weniger Alkohol bleibt also entscheidend. Resmetirom und Semaglutid können diesen Prozess aber deutlich unterstützen – vor allem bei Menschen, denen Abnehmen schwerfällt oder deren Leber bereits geschädigt ist.

Millionen Menschen könnten profitieren

Schätzungen zufolge leiden weltweit rund 2,5 Milliarden Menschen an einer Fettleber, etwa ein Drittel davon an der gefährlichen, entzündlichen Form. In Deutschland betrifft das mehrere Millionen Menschen. Übergewicht und eine zuckerreiche Ernährung gelten als Hauptursachen.

Lange konnten Ärztinnen und Ärzte nur raten, abzunehmen und auf Alkohol zu verzichten. Mit den neuen Therapien könnte sich das ändern. Die Medikamente wirken dort, wo sich Fett und Entzündung gegenseitig verstärken – und verhindern so bleibende Schäden.

Forschung bestätigt alte These – und gibt Hoffnung

Tilg hatte bereits vor Jahren vermutet, dass die Entzündung in der Leber durch Signale aus anderen Organen ausgelöst wird, etwa aus dem Fettgewebe oder dem Darm. Die neuen Studien stützen diese Theorie. Beide Wirkstoffe greifen an diesen Schaltstellen an und bremsen die Fehlsteuerung.

Damit eröffnen sich neue Wege, die Krankheit zu verstehen und gezielter zu behandeln. Für viele Betroffene bedeutet das vor allem eines: Hoffnung auf Heilung statt Stillstand.

Kurz zusammengefasst:

  • Zwei neue Medikamente – Resmetirom und der GLP-1-Wirkstoff Semaglutid (Ozempic, Wegovy) – zeigen erstmals nachweisbare Heilungseffekte bei entzündlicher Fettleber.
  • Beide Wirkstoffe reduzieren Entzündung und Narbenbildung in der Leber deutlich und verbessern zusätzlich Stoffwechsel- und Cholesterinwerte.
  • Ärztinnen und Ärzte sehen darin einen medizinischen Wendepunkt – doch Ernährung, Bewegung und Gewichtsabnahme bleiben weiterhin entscheidend für den Behandlungserfolg.

Übrigens: Der Wirkstoff, der die Leber heilt, schützt offenbar auch das Herz – selbst dann, wenn das Gewicht kaum sinkt. Eine neue Analyse zeigt: Wegovy senkt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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