Die Wohnungsnot wächst – doch Städte bauen lieber Hotels
Während neue Hotelkomplexe entstehen, verschärft sich die Wohnungsnot in deutschen Städten.
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Immer mehr Hotels, immer weniger Wohnungen (Symbolbild). © Wikimedia
Wer eine bezahlbare Wohnung sucht, kämpft mit langen Wartelisten und hohen Mieten – gleichzeitig eröffnen in vielen Innenstädten ständig neue Hotels. Warum passiert das? Der Hauptgrund: Hotels sind für Investoren attraktiver als Wohngebäude. Sie bringen höhere Renditen und versprechen langfristige Gewinne. Doch diese Entwicklung hat Folgen: Während Städte Touristen anziehen und von steigenden Übernachtungszahlen profitieren, verschärft sich die Wohnungsnot für viele Menschen.
Hotelboom in Deutschland – Wohnraum bleibt knapp
Der Bau neuer Hotels nimmt in Deutschland stark zu. Laut Tagesschau sollen allein in diesem Jahr 135 neue Hotels mit insgesamt 20.000 Zimmern eröffnen. Besonders auffällig ist der Trend in mittelgroßen Städten wie Augsburg, Ravensburg oder Bochum. Dort, wo früher Warenhäuser oder Bahnhofsgebäude standen, entstehen nun moderne Hotelkomplexe. Der Grund: In Großstädten wie Berlin, München oder Hamburg ist der Markt bereits gesättigt, daher suchen Hotelketten nach neuen Standorten in kleineren Städten.
Während die Zahl der Hotelbetten wächst, bleibt der Wohnungsbau hinter den Erwartungen zurück. Sozialverbände und Wohnungssuchende kritisieren, dass Flächen, die für Wohnraum genutzt werden könnten, stattdessen für Hotels reserviert werden. Ein Beispiel ist Mainz: Hier entstanden durch Hotelneubauten allein in den letzten Jahren mehrere hundert neue Zimmer. Hätte man stattdessen Wohnungen gebaut, wären rechnerisch 250 Wohneinheiten möglich gewesen.
Warum setzen Investoren auf Hotels?
Für Investoren ist der Hotelmarkt besonders attraktiv, weil er im Vergleich zu Wohnimmobilien höhere Gewinne verspricht. Laut Immobilienexperten liegen die Renditen für Hotels derzeit bei über fünf Prozent, während Vermieter von Wohnungen im Schnitt nur 3,5 Prozent verdienen. Das macht Hotels für große Immobilienfonds, Pensionskassen und private Anleger besonders lukrativ.
Tobias Gollnest, der als Manager für die Expansion von „B&B Hotels“ in Nordeuropa zuständig ist, erklärt laut Tagesschau:
Hotelimmobilien sind für Investoren eine sehr interessante Assetklasse. Sie profitieren von attraktiven Renditen, Inflationsabsicherung, geringen Nebenkosten und einem positiven Ausblick auf den Reise- und Tourismusmarkt.
Tobias Gollnest
Ein weiterer Vorteil für Investoren: Viele Hotels werden von großen Ketten gepachtet und betrieben. Das reduziert das finanzielle Risiko für die Eigentümer, da sie nicht direkt vom Erfolg des Hotels abhängig sind. Einige Immobilienentwickler mieten ihre eigenen Hotels sogar langfristig zurück und übergeben den Betrieb an spezialisierte Hotelgesellschaften.
Warum fördern Städte den Hotelbau?
Trotz Wohnraummangels setzen viele Städte weiterhin auf den Hotelboom. Der Grund: Hotels bringen mehr Geld in die Stadtkasse als Wohnungen. Kommunen profitieren von Gewerbesteuern, steigenden Tourismuszahlen und höheren Einnahmen aus der lokalen Wirtschaft. Wenn mehr Reisende in einer Stadt übernachten, geben sie Geld in Restaurants, Geschäften und für Freizeitangebote aus.
Die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (SPD) erklärte laut Tagesschau: „Steigende Gästezahlen erfordern mehr Hotels.“ Auch in Worms sieht man neue Hotels als Chance für die Stadtentwicklung. Die Stadt plant, ihr Tagungs- und Veranstaltungsangebot auszubauen, um mehr Geschäftsreisende anzuziehen.
Welche Risiken gibt es?
Nicht alle Experten halten den Hotelboom für nachhaltig. Antje Erhard, Börsenanalystin der ARD, warnt davor, dass sich der Markt verändern könnte. Durch die zunehmende Nutzung von Homeoffice und Videokonferenzen reisen weniger Geschäftsleute als früher. Das könnte in den kommenden Jahren dazu führen, dass viele Hotels weniger Gäste haben als geplant.
Ein weiteres Problem: Wenn Hotels schließen, lassen sich die Gebäude oft nicht leicht für andere Zwecke nutzen. Anders als Bürogebäude oder Gewerbeflächen haben Hotels eine spezielle Raumaufteilung mit vielen kleinen Zimmern und Bädern. Diese in Wohnungen umzuwandeln, ist teuer und aufwendig.
Kurz zusammengefasst:
- Investoren bevorzugen den Bau von Hotels statt Wohnungen, weil sie höhere Renditen bieten. Städte profitieren zwar von mehr Tourismus, doch der Wohnraummangel bleibt bestehen.
- Viele Kommunen fördern den Hotelbau, da sie durch Gewerbesteuern und steigende Gästezahlen wirtschaftliche Vorteile erwarten, selbst wenn dringend Wohnraum benötigt wird.
- Experten warnen vor langfristigen Risiken: Der Hotelmarkt könnte durch verändertes Reiseverhalten schrumpfen. Leerstehende Hotelgebäude können oft schwer umgenutzt werden.