Multitasking erhöht das Risiko, auf Phishing-Mails hereinzufallen

Multitasking erhöht das Risiko, Phishing-Mails zu übersehen – selbst dann, wenn die Betrugsversuche eindeutig erkennbar waren.

Multitasking erhöht das Risiko, auf Phishing-Mails hereinzufallen

Multitasking lenkt die Aufmerksamkeit so stark ab, dass selbst offensichtliche Phishing-Mails oft übersehen werden. Das steigert das Risiko, auf Betrug hereinzufallen. © Freepik

Täglich landen rund 3,4 Milliarden betrügerische E-Mails weltweit in den Postfächern. Viele davon bleiben unentdeckt – besonders, wenn die Empfänger abgelenkt sind. Eine Studie der Binghamton University zeigt: Wer mehrere Dinge gleichzeitig erledigt, übersieht verdächtige Nachrichten leichter. Das Forschungsteam um die Wirtschaftswissenschaftlerin Jinglu Jiang konnte nachweisen, dass kognitive Belastung durch Multitasking das Risiko für Phishing-Versuche deutlich erhöht.

Wenn der Kopf zu voll ist

In der Untersuchung mussten Testpersonen gleichzeitig E-Mails bewerten und sich Zahlen merken. Einige Nachrichten waren harmlos, andere täuschend echt. Je mehr Informationen die Teilnehmer gleichzeitig verarbeiten mussten, desto häufiger erkannten sie die Betrugsversuche nicht. Das Gehirn geriet unter Druck, die Konzentration ließ nach – Warnzeichen wie merkwürdige Formulierungen oder falsche Absender fielen unter den Tisch.

„Wenn Menschen mit Informationen überflutet werden, sinkt ihre Fähigkeit, verdächtige Hinweise wahrzunehmen“, sagt Jiang. Zu viele Reize auf einmal – und selbst auffällige Fehler bleiben unbemerkt.

Kurze Warnhinweise steigern die Aufmerksamkeit deutlich

Doch es gibt einen Ausweg. Schon kurze Warnmeldungen im richtigen Moment können helfen, Phishing-Mails besser zu erkennen. Eine farbig markierte Leiste im Posteingang oder der Hinweis „Achtung, diese Mail könnte gefährlich sein“ schärft die Aufmerksamkeit.

„Diese kleinen Erinnerungen, sogenannte Nudging-Methoden, können tatsächlich sehr hilfreich sein“, erklärt Jiang. Selbst bei starker Ablenkung verbesserten sie die Erkennungsrate deutlich – besonders bei Mails, die mit Gutscheinen oder angeblichen Gewinnen lockten.

Lockangebote wirken besonders tückisch

Je verlockender die Nachricht, desto häufiger tappte man in die Falle. Phrasen wie „Jetzt Gutschein sichern“ oder „Ihr Gewinn wartet auf Sie“ führten öfter zu Fehlurteilen als Mails, die Sanktionen ankündigten. Bei Nachrichten über eine drohende Kontosperrung reagierten die Teilnehmer automatisch vorsichtiger. Zusätzliche Warnungen hatten dann kaum noch einen Effekt – der innere Alarm war bereits aktiviert.

Männer profitieren mehr – Frauen sind vorsichtiger

Auffällig war: Männer reagierten stärker auf die eingebauten Warnhinweise als Frauen. Die Forscher vermuten, dass Frauen insgesamt achtsamer mit digitalen Risiken umgehen. Männer dagegen steigerten mit den Nudges ihre Erkennungsleistung spürbar.

Viele unterschätzen, wie sehr Ablenkung die Wahrnehmung trübt. Schon der Wechsel von einem Zoom-Meeting zur Mail und dann weiter zur Exceltabelle reicht, um die Aufmerksamkeit abreißen zu lassen.

Technik hilft – wenn sie richtig eingesetzt wird

Im Arbeitsalltag lassen sich Multitasking und Sicherheit oft nicht trennen. Technische Hilfen können aber unterstützen. Jiang empfiehlt Warnsysteme, die direkt in Programme wie Outlook, Slack oder Teams integriert sind – und zwar genau dann, wenn das Risiko steigt: bei Nachrichten mit Belohnungen, Geldversprechen oder Dringlichkeit.

Eine farbig hinterlegte Warnzeile sticht sofort ins Auge. Auch Pop-up-Hinweise wie „Diese Nachricht könnte betrügerisch sein“ verhindern vorschnelle Klicks.

Sicherheitskurse realitätsnah gestalten

Viele Trainings zum Thema Cybersicherheit gehen von idealen Bedingungen aus: Die Teilnehmer sind konzentriert, haben Zeit und Ruhe. In Wirklichkeit lesen die meisten ihre Mails nebenbei – zwischen Aufgaben, unter Zeitdruck. Das sollte sich ändern.

„Trainings sollten Phishing in anspruchsvollen Momenten simulieren – etwa beim Aufgabenwechsel oder nach Besprechungen“, heißt es in der Studie. Nur wer auch unter Stress übt, ist im Ernstfall wachsam.

Es betrifft nicht nur Unternehmen

Phishing ist kein Firmenproblem allein. Auch im Privatleben nimmt das Risiko zu. Wer zwischen Tür und Angel E-Mails checkt, achtet seltener auf verdächtige Details. Ein unüberlegter Klick reicht – mit Folgen von Datendiebstahl bis Kontozugriff.

Ein paar einfache Regeln helfen:

  • E-Mails nur öffnen, wenn man Zeit dafür hat
  • Absender und Links genau prüfen
  • Niemals sensible Daten spontan preisgeben
  • Verdächtige Nachrichten sofort löschen oder weiterleiten

Kurz zusammengefasst:

  • Multitasking erhöht das Risiko, auf Phishing-Mails hereinzufallen, weil das Gehirn unter Ablenkung wichtige Warnsignale übersieht.
  • Gezielte kleine Hinweise – etwa kurze Warnmeldungen im E-Mail-Programm – verbessern die Erkennungsleistung deutlich, besonders bei Mails, die mit Belohnungen locken oder Dringlichkeit vortäuschen.
  • Sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen können das Phishing-Risiko senken, indem sie realitätsnahe Sicherheitstrainings, technische Warnsysteme und bewusste Konzentrationsphasen in den Arbeitsalltag integrieren.

Übrigens: Betrüger werden immer raffinierter und Kreditkartenbetrug kostet jedes Jahr Milliarden. Eine neue KI soll helfen, verdächtige Transaktionen früh zu erkennen und Fehlalarme zu vermeiden. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Freepik

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