Immer mehr Langzeiterkrankungen wie Depressionen und Burnout: Fast 40 Prozent der Fehltage dauern über sechs Wochen

Der Krankenstand in Deutschland bleibt hoch: Immer mehr Arbeitnehmer fallen wochenlang aus.

2024 führten Erkältungen und Grippe am häufigsten zu Krankschreibungen. © Pexels

2024 führten Erkältungen und Grippe am häufigsten zu Krankschreibungen. © Pexels

Immer mehr Beschäftigte in Deutschland sind lange krankgeschrieben. Im Jahr 2024 entfielen laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK fast 40 Prozent aller krankheitsbedingten Fehltage auf Erkrankungen, die länger als sechs Wochen andauerten. Das bedeutet: Wer krank wurde, fiel in vielen Fällen nicht nur ein paar Tage, sondern gleich mehrere Wochen aus. Insgesamt fehlten AOK-versicherte Arbeitnehmer durchschnittlich 23,9 Tage in ihrem Job.

Besonders auffällig: Während 70,8 Prozent aller Krankmeldungen nach spätestens einer Woche endeten, machten sie nur 23,2 Prozent der gesamten Fehltage aus. Helmut Schröder, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), betont die Bedeutung gezielter Maßnahmen, um besonders langen Krankmeldungen entgegenzuwirken: „Präventionsprogramme in Betrieben sollten sich verstärkt auf Erkrankungen mit langen Fehlzeiten konzentrieren.“

Atemwegserkrankungen: Häufig, aber meist mit kurzer Dauer

Erkrankungen der Atemwege wie Erkältungen oder Grippe waren 2024 die häufigste Ursache für Krankschreibungen. Sie machten 27,9 Prozent aller Krankmeldungen aus. Allerdings sorgten sie nur für einen vergleichsweise kleinen Teil der gesamten Fehltage: Im Durchschnitt waren Betroffene nach 5,9 Tagen wieder arbeitsfähig. Bei Langzeiterkrankungen spielten Atemwegserkrankungen kaum eine Rolle – nur 1 Prozent der Fehltage entfiel auf diese Krankheitsgruppe.

2024 führten Atemwegserkrankungen zu den meisten Krankmeldungen, aber zu den kürzesten Ausfällen. © Wissenschaftliches Institut der AOK
2024 führten Atemwegserkrankungen zu den meisten Krankmeldungen, aber zu den kürzesten Ausfällen. © Wissenschaftliches Institut der AOK

Um die Zahl der Atemwegsinfektionen zu reduzieren, empfiehlt die AOK bewährte Maßnahmen wie regelmäßiges Lüften, das Tragen von Masken bei Erkältungssymptomen und mobiles Arbeiten. Diese Schutzmaßnahmen haben sich bereits während der Corona-Pandemie als wirksam erwiesen.

Psychische Erkrankungen sorgen für lange Ausfallzeiten

Während Atemwegserkrankungen meist schnell überstanden sind, sorgen andere Krankheitsbilder für wesentlich längere Fehltage. Besonders Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen oder Bandscheibenvorfälle führten 2024 zu vielen Ausfalltagen. Sie waren für 19,8 Prozent aller krankheitsbedingten Fehltage verantwortlich, obwohl nur 13,7 Prozent der Krankschreibungen auf diese Diagnose entfielen. Das bedeutet: Wer wegen solcher Beschwerden krankgeschrieben wurde, fiel im Durchschnitt länger aus als Beschäftigte mit anderen Erkrankungen.

Ein weiteres großes Problem sind psychische Erkrankungen. Sie machen zwar nur 4,8 Prozent aller Krankmeldungen aus, führten aber zu 12,5 Prozent der Fehltage. Wer wegen Depressionen oder Burnout krankgeschrieben wurde, fehlte durchschnittlich 28,5 Tage – deutlich mehr als bei anderen Diagnosen. Schröder betont, dass Unternehmen durch eine bessere Unternehmenskultur und gezielte Gesundheitsangebote die psychische Widerstandskraft ihrer Mitarbeiter stärken könnten.

Krankenstand bleibt hoch – Wintermonate besonders problematisch

Insgesamt blieb der Krankenstand in Deutschland 2024 mit 6,5 Prozent auf einem hohen Niveau. Das bedeutet, dass durchschnittlich 6,5 von 100 Beschäftigten an jedem Arbeitstag fehlten. Die Zahl der Fehltage pro Person war ähnlich hoch wie im Vorjahr, lag aber unter dem Rekordwert von 2022, als Corona-Wellen für viele Krankschreibungen sorgten.

Krankenstand bleibt 2024 fast so hoch wie im Vorjahr. © Wissenschaftliches Institut der AOK
Krankenstand bleibt 2024 fast so hoch wie im Vorjahr. © Wissenschaftliches Institut der AOK

Besonders auffällig ist der jahreszeitliche Verlauf: Im Januar und November wurden die meisten Krankmeldungen registriert. Grund dafür sind vor allem Erkältungs- und Grippewellen, die in diesen Monaten besonders häufig auftreten.

Große Unterschiede zwischen Berufsgruppen

Nicht alle Berufsgruppen sind gleich stark betroffen. Vor allem körperlich anstrengende Berufe weisen hohe Fehltage auf. Beschäftigte in der Ver- und Entsorgung, also beispielsweise Müllabfuhr oder Wasserwirtschaft, waren 2024 im Schnitt 38,4 Tage krank. Auch Berufe in der Pflege, die mit hoher körperlicher und psychischer Belastung verbunden sind, zeigten überdurchschnittlich viele Fehltage.

Akademische Berufe wie Hochschullehre oder Unternehmensberatung hatten hingegen die geringsten Krankenstände. Beschäftigte in der Forschung oder IT waren durchschnittlich nur 7,5 Tage krankgeschrieben.

Laut AOK sollten Betriebe ihre Gesundheitsmaßnahmen an die spezifischen Belastungen der jeweiligen Berufsgruppen anpassen. Ein Müllwerker hat andere gesundheitliche Risiken als ein Büroangestellter – entsprechend müssen Präventionsmaßnahmen gezielt ausgerichtet werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Im Jahr 2024 entfielen fast 40 Prozent aller krankheitsbedingten Fehltage auf Langzeiterkrankungen von mehr als sechs Wochen, während die meisten kurzen Krankmeldungen nur einen geringen Anteil der Gesamtausfälle ausmachten.
  • Atemwegserkrankungen waren die häufigste Ursache für Krankschreibungen, führten jedoch nur zu kurzen Fehlzeiten, während Muskel-Skelett- und psychische Erkrankungen besonders lange Ausfälle verursachten.
  • Die Fehltage variierten stark je nach Beruf: Körperlich anstrengende Berufe wie Müllentsorgung oder Altenpflege hatten deutlich höhere Krankenstände als akademische Berufe.

Bild: © Pexels

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