Oben ist die Luft auch nicht immer besser: Deutsche Chefs sind auf der Arbeit besonders einsam

Jeder Dritte fühlt sich einsam auf der Arbeit, Führungskräfte sind noch häufiger betroffen. Eine Expertin sieht Unternehmen in der Pflicht.

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Führungskräfte fühlen sich in Deutschland besonders häufig einsam am Arbeitsplatz und das Homeoffice macht es nur noch schlimmer. © Pexels

Eine aktuelle Umfrage von Indeed zeigt, dass 36 Prozent der Angestellten in Deutschland sich auf der Arbeit einsam fühlen. Besonders betroffen sind Personen mit Führungsverantwortung – jede zweite Führungskraft berichtet von Einsamkeit. Im Top-Management steigt dieser Anteil sogar auf 75 Prozent.

Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Appinio durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Arbeitnehmer im Alter zwischen 18 und 64 Jahren. Der Altersdurchschnitt lag bei 39,8 Jahren, mit einer gleichmäßigen Verteilung zwischen Männern und Frauen.

Die Konsequenzen von Einsamkeit zeigen sich nicht nur im Privatleben, erklärt Dr. Stefanie Bickert, Job-Expertin bei Indeed:

[…] auch im beruflichen Umfeld hat Einsamkeit Folgen. Wer sich allein fühlt, ist weniger produktiv, weniger resilient gegenüber Veränderungen und häufiger krank. Einsamkeit ist kein individuelles Problem, sie ist schlecht fürs Geschäft.

Homeoffice verstärkt das Einsamkeitsgefühl

Die Arbeitsumgebung spielt eine entscheidende Rolle. Mitarbeiter im Homeoffice sind laut der Umfrage besonders betroffen: Dort geben 48 Prozent an, sich einsam zu fühlen. Im Büro ist dieser Anteil mit 30 Prozent deutlich geringer. Dennoch empfinden auch viele Büroangestellte Einsamkeit, selbst wenn sie von Kolleginnen und Kollegen umgeben sind.

Bei Führungskräften im Homeoffice verschärft sich die Lage: 73 Prozent dieser Gruppe fühlen sich isoliert. Selbst bei Präsenzarbeit berichten 60 Prozent der leitenden Angestellten von Einsamkeit.

Vertrauen und Bindung bleiben dennoch stark

Einsamkeit geht jedoch nicht zwingend mit einem Verlust an Vertrauen einher: 85 Prozent der Führungskräfte vertrauen ihren direkten Vorgesetzten, und 83 Prozent fühlen sich der Unternehmensleitung gegenüber loyal. Außerdem geben drei Viertel an, stark mit ihrer Firma verbunden zu sein. Bei Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung liegt dieser Wert deutlich niedriger.

Das Vertrauen in die Kollegen bleibt auch im Homeoffice stabil: 91 Prozent der Führungskräfte, die von zu Hause arbeiten, verlassen sich auf ihr Team.

Unternehmen stehen vor einer Herausforderung

Trotz des hohen Vertrauens haben viele Mitarbeiter Schwierigkeiten, über persönliche oder berufliche Konflikte zu sprechen. Ein Fünftel fühlt sich unwohl, im Team berufliche Probleme anzusprechen, und 28 Prozent vermeiden es, persönliche Themen zu teilen. Dr. Stefanie Bickert fordert hier mehr Engagement seitens der Unternehmen: 

Unternehmen sollten insbesondere ihre Führungskräfte in den Blick nehmen. Diese Gruppe ist nicht nur stark gefährdet; sie prägt auch maßgeblich die Unternehmenskultur. Wer Personen mit Personalverantwortung im Umgang mit Einsamkeit stärkt, verbessert das Wohlbefinden aller Mitarbeiter.

Zu den möglichen Lösungen gehören etwa eine offene Kommunikationskultur, flexible Arbeitsmodelle und gezielt gestaltete soziale Begegnungen abseits klassischer Meetings.

Was du dir merken solltest:

  • Einsamkeit am Arbeitsplatz betrifft in Deutschland laut einer Indeed-Umfrage 36 Prozent der Beschäftigten, wobei Führungskräfte besonders gefährdet sind.
  • Homeoffice verstärkt das Einsamkeitsgefühl, mit 48 Prozent Betroffenen gegenüber 30 Prozent im Büro.
  • Unternehmen müssten gezielt gegensteuern, indem sie Führungskräfte unterstützen, offene Kommunikationskulturen fördern und Arbeitsmodelle individueller gestalten.

Übrigens: Immer mehr Deutsche wollen eigentlich ihren Job wechseln, scheuen sich aber davor. Warum, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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