Magma unter der Eifel wandert – tausende Mini-Erdbeben zeigen Bewegung tief unter der Erde
Neue Messungen zeigen: Unter der Eifel verlagern sich Magma und Fluide. Tausende Mikrobeben liefern Hinweise auf aktive Prozesse tief im Untergrund.
Forscher des GFZ zeigen mit neuen Messdaten, wie sich das Magma unter den Vulkanen der Eifel tatsächlich verteilt. Rund 500 seismische Stationen machten erstmals eine besonders präzise Abbildung des Magmareservoirs unter dem Laacher See möglich. © Wikimedia
Unter der Eifel liegt eines der größten Vulkanfelder Europas mit mehreren Hundert einzelnen Vulkanen. Um besser zu verstehen, wie aktiv dieses System heute noch ist, haben Forscher den Untergrund der dicht besiedelten Vulkanregion zwischen Eifel, Neuwieder Becken und Laacher See ein Jahr lang neu vermessen.
Hunderte Messstationen und ein Glasfaserkabel zeichneten kleinste Erschütterungen auf. Die Daten liefern nun erstmals ein hochauflösendes Bild der Strukturen unter den Eifelvulkanen – auch unter dem Laacher See, dessen Ausbruch die Region vor 13.000 Jahren geprägt hat.
Neue Messungen zeigen, wie die Vulkane unter der Eifel aufgebaut sind
Die neuen Messungen erlauben erstmals einen detaillierten Blick auf den Aufbau der Vulkane. Lange gingen Fachleute davon aus, dass das Magmasystem vergleichsweise einfach strukturiert ist. Die aktuellen Daten stellen diese Annahme nun infrage.
Statt einer senkrechten Magmakammer liegt das geschmolzene Gestein schräg im Untergrund. Das Reservoir reicht bis in rund zehn Kilometer Tiefe und ist seitlich verschoben. Auffällig ist seine Nähe zu Bereichen, in denen besonders viele kleine Erdbeben auftreten. Die meisten dieser Beben bleiben an der Oberfläche unbemerkt. Für die Forschung sind sie jedoch äußerst wertvoll.
Denn gerade diese schwachen Erschütterungen zeigen, wo sich im Untergrund etwas bewegt.
Fluide beeinflussen die Dynamik der Vulkane in der Eifel
Für die Untersuchungen nutzte das GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung ein besonders dichtes Messnetz. Mehr als 500 seismische Stationen zeichneten über ein Jahr hinweg kleinste Bodenbewegungen auf. Zusätzlich kam ein 64 Kilometer langes Glasfaserkabel zum Einsatz. Es reagiert extrem empfindlich auf minimale Spannungen im Gestein.
Das Messnetz arbeitete deutlich dichter als frühere Systeme. In einigen Bereichen lagen die Stationen weniger als zwei Kilometer auseinander. Dadurch ließ sich der Untergrund wesentlich genauer abbilden. Insgesamt registrierten die Forscher mehr als 1.000 Mikrobeben innerhalb eines Jahres.

Besonders aufschlussreich waren kurze Serien solcher Beben, sogenannte Schwärme. Sie traten bevorzugt entlang einer schmalen Störungszone bei Ochtendung auf. Die einzelnen Erschütterungen ähnelten sich stark. Das spricht für wiederholte Bewegungen an denselben Bruchflächen.
Ein zentrales Ergebnis betrifft die Rolle von Fluiden. In mehreren Tiefenlagen zeigten die Messungen starke Reflexionen seismischer Wellen. Studienleiter Torsten Dahm erklärte dazu: „Die Stärke der Reflexionen deutet darauf hin, dass sich Fluide in diesen Schichten angesammelt haben.“ Ob es sich um Magma oder gasreiche Flüssigkeiten handelt, klären weitere Analysen.
Mikrobeben machen verborgene Prozesse im Untergrund sichtbar
Sehr kleine Erdbeben mit einer Stärke unter 2 bleiben meist unbemerkt und gelten als harmlos. Für die Forschung sind sie dennoch wichtig. An ihnen lässt sich erkennen, wo sich Spannungen im Gestein lösen. Sie zeigen auch, auf welchen Wegen Gase oder geschmolzenes Gestein im Untergrund aufsteigen können. Auf dieser Grundlage lassen sich verschiedene Formen von Aktivität klar voneinander unterscheiden:
- Schwarmbeben entlang bekannter Störungszonen, vermutlich beeinflusst durch Fluide
- Einzelbeben mit Nachfolgeserien, eher typisch für tektonische Bewegungen
- Cluster unter alten Vulkanzentren, die früher nicht nachweisbar waren
Spannungen im Gestein verändern sich lokal
Neben Ort und Tiefe schauten die Forscher auch darauf, wie sich das Gestein bewegt. Entlang der zentralen Störungszone verschieben sich die Gesteinsblöcke vor allem seitlich. Am Rand der Region heben oder senken sie sich zusätzlich. Das zeigt: Unter der Eifel wirken mehrere Kräfte gleichzeitig.
Auffällig ist dabei, wie sich der Druck im Untergrund ausrichtet. In der Nähe des Laacher Sees ändert sich diese Richtung deutlich. Solche Veränderungen lassen sich nicht allein durch die langsamen Bewegungen der Erdplatten erklären. Die Auswertungen sprechen dafür, dass sich Druck aus tieferen Schichten aufbaut.
Wie stark dieser Druck ist, hängt von der Größe des Magmareservoirs ab. Die berechneten Werte liegen in einem Bereich, der auch aus anderen aktiven Vulkanregionen bekannt ist. Das weist auf laufende Prozesse im Untergrund hin, ohne auf einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch schließen zu lassen.
Die neuen Untergrundkarten helfen Fachstellen, unauffällige Aktivität von möglichen Warnsignalen zu trennen – ein Vorteil für Risikoabschätzung und Katastrophenschutz. Auch Raumplanung, Geothermie und Überwachungssysteme profitieren, weil geologische Schwächezonen und fluidgetragene Bereiche nun klarer erkennbar sind.
Kurz zusammengefasst:
- Unter der Eifel verlaufen Magma und Fluide komplexer als lange angenommen: Neue Messungen zeigen, dass die Vulkane der Region schräg angebundene Reservoirs bis in etwa zehn Kilometer Tiefe besitzen.
- Sehr kleine Erdbeben liefern wertvolle Hinweise auf aktive Prozesse im Untergrund. Ihre Muster zeigen, wo Spannungen abgebaut werden und wo Fluide oder Magma aufsteigen können.
- Die Ergebnisse erhöhen den praktischen Nutzen für Vorsorge und Überwachung. Dichte Messnetze ermöglichen eine genauere Risikobewertung für Bevölkerung, Raumplanung und Katastrophenschutz.
Übrigens: Ein KI-Modell hat unter Neapel Tausende bisher übersehene Erdbeben sichtbar gemacht – und sogar neue Bruchlinien in einem der gefährlichsten Vulkangebiete Europas identifiziert. Wie diese Funde das Risiko in Campi Flegrei neu einordnen, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Df1paw via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0
