Arsen-Risiko im See – Sterbende Pflanzen machen Sedimente zur Giftquelle

Abgestorbene Wasserpflanzen setzen im Sediment gebundenes Arsen frei – und gefährden so die Wasserqualität vieler Seen weltweit.

Blick auf den Freibergsee in Oberstdorf

Der Zerfall von Pflanzenwurzeln kann die Arsenbelastung im See erhöhen. © Unsplash

In vielen Seen liegt Arsen gut versteckt – tief unten im Boden. Normalerweise ist das kein Problem. Denn das giftige Halbmetall wird von Eisenverbindungen festgehalten und bleibt so gebunden. Doch sobald Unterwasserpflanzen absterben, kann sich das ändern. Dann gelangt plötzlich wieder Arsen ins Wasser – mit potenziellen Folgen für das Trinkwasser.

Ein Forschungsteam aus China hat diesen Prozess jetzt im Labor genau untersucht. Die Ergebnisse zeigen, wie sensibel das Gleichgewicht am Seegrund ist.

Pflanzen geben Sauerstoff an den Boden ab

Solange Wasserpflanzen leben, geben sie über ihre Wurzeln Sauerstoff an das Sediment ab. Dieser Sauerstoff sorgt dafür, dass das Eisen im Boden stabil bleibt. Es liegt dann in einer Form vor, die Arsen gut binden kann. Das Gift bleibt dadurch im Boden gefangen – es gelangt nicht ins Wasser. „Solche Pflanzen wirken wie eine natürliche Sperre“, erklären die Experten. Sie halten Arsen zurück und verhindern, dass es sich löst.

Doch wenn die Pflanzen absterben – etwa durch Überdüngung, Algenblüten oder klimabedingte Veränderungen –, versiegt der Sauerstoffstrom. Der Seegrund verändert sich. Der Sauerstoffgehalt sinkt, das sogenannte Redoxpotenzial fällt. Das Eisen zerfällt in eine instabile Form – und das Arsen wird freigesetzt.

Im Experiment sank die Tiefe des sauerstoffreichen Bereichs auf nur noch 6 Millimeter. Gleichzeitig stieg die Menge des gelösten Arsens stark an. In Bereichen mit lebenden Pflanzen lag sie bei etwa 17,6 Pikogramm pro Quadratzentimeter und Sekunde. In toten Zonen, der sogenannten Detrituszone, stieg sie auf 27,5 Pikogramm. „Das Sediment wird zur Quelle, statt das Gift zu binden“, heißt es in der Studie.

Wenn Wasserpflanzen sterben, wandert das Gift vom Wurzelraum in die abgestorbenen Sedimentzonen. © Cai Li, Xin Ma, Xue Jiang, Youzi Gong, Xiaolong Wang, Musong Chen, Qin Sun, & Shiming Ding
Wenn Wasserpflanzen sterben, wandert das Gift vom Wurzelraum in die abgestorbenen Sedimentzonen. © Cai Li, Xin Ma, Xue Jiang, Youzi Gong, Xiaolong Wang, Musong Chen, Qin Sun, & Shiming Ding

Auch Mikroben tragen zur Stabilität bei

Nicht nur Sauerstoff und Eisen spielen eine Rolle. Auch Mikroorganismen im Boden tragen dazu bei, dass Arsen gebunden bleibt. In Bereichen mit lebenden Pflanzen sind diese Mikroben besonders aktiv. Sie wandeln giftiges Arsen in harmlose Formen um.

Wenn die Pflanzen sterben, verändert sich auch die mikrobielle Gemeinschaft. Die Zahl nützlicher Bakterien nimmt ab. Gene, die für den Abbau von Arsen wichtig sind, werden weniger aktiv. Das Gift bleibt also nicht nur frei – es bleibt auch gefährlich.

Risiko fürs Trinkwasser steigt

Arsen ist in vielen Regionen ein Problem – vor allem dort, wo Seewasser für die Trinkwasserversorgung genutzt wird. Solange Wasserpflanzen intakt sind, helfen sie dabei, das Risiko gering zu halten. Doch wenn diese Pflanzen verschwinden, etwa durch Umweltveränderungen oder menschlichen Einfluss, kann sich die Situation schnell verschärfen. Die Wissenschaftler fordern, die Bedeutung von Unterwasserpflanzen stärker in Schutzkonzepte einzubeziehen. Sie empfehlen:

  • Uferbereiche und Wasserpflanzen gezielt zu schützen und wiederherzustellen
  • den Sauerstoffgehalt im Sediment regelmäßig zu messen
  • arsenhaltige Sedimente bei der Trinkwasserplanung zu berücksichtigen

Kurz zusammengefasst:

  • Unterwasserpflanzen halten Arsen im Seeboden fest, indem ihre Wurzeln Sauerstoff abgeben – das schafft stabile chemische Bedingungen.
  • Wenn die Pflanzen absterben, versiegt der Sauerstofffluss, Eisenminerale zerfallen und Arsen wird in das Wasser freigesetzt – mit potenziellen Folgen für das Trinkwasser.
  • Für sauberes Wasser braucht es mehr als Technik. Intakte Unterwasserpflanzen sind entscheidend, um giftiges Arsen im Boden zu halten und Gewässer zu schützen.

Übrigens: In der Tiefsee binden Mikroben viel mehr CO₂, als bisher angenommen – und nicht die, die man lange im Verdacht hatte. Eine neue Analyse zeigt, dass unbekannte Arten die Hauptlast tragen könnten. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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