Zahnarztangst hat einen Klang – neuer Bohrer soll das gefürchtete Geräusch beenden
Ein japanisches Forschungsteam will Zahnarztangst verringern – mit einem Bohrer, der leiser klingt und weniger Stress auslöst.
Viele Menschen bekommen schon bei dem typischen Bohrgeräusch ein flaues Gefühl – Wissenschaftler wollen daraus endlich einen erträglichen Klang machen. © Pexels
Für viele beginnt der Stress schon beim Geräusch aus dem Behandlungsraum. Das schrille Surren des Bohrers lässt den Puls steigen und erinnert an unangenehme Erfahrungen. Genau dieses Geräusch gilt als Hauptauslöser für Zahnarztangst, die viele Menschen oft schon von einem Termin fernhält. Ein Forschungsteam aus Japan will das nun ändern – mit moderner Akustikforschung und Hilfe eines Supercomputers.
Eine aktuelle Studie, vorgestellt auf der Tagung der Acoustical Society of America, zeigt, dass sich der Klang eines Bohrers gezielt verändern lässt. Dadurch entsteht ein Ton, der weniger Angst auslöst, ohne die Leistung des Geräts zu beeinträchtigen. Entscheidend ist nicht die Lautstärke, sondern die Art, wie der Ton im Ohr wahrgenommen wird.
Bohrer als Hauptursache für Zahnarztangst
Tomomi Yamada, Assistenzprofessorin an der Universität Osaka, kennt die Reaktion ihrer Patienten gut. „Ich stellte fest, dass kaum jemand – nicht einmal Zahnärzte – dieses Klangproblem wissenschaftlich untersuchte“, sagt sie. Gemeinsam mit Forschern der Kobe University und der National Cheng Kung University untersuchte sie, was hinter dem typischen Bohrgeräusch steckt.
Mit einem japanischen Hochleistungsrechner simulierte das Team den Luftstrom im Inneren des Bohrers. Das Gerät rotiert mit rund 320.000 Umdrehungen pro Minute und wird mit Druckluft betrieben. Dadurch entstehen feine Luftwirbel, die das hohe Pfeifen erzeugen, das viele Patienten in Alarmbereitschaft versetzt.
Nicht die Lautstärke, sondern die Klangfarbe zählt
Die Simulationen zeigten: Ein leiserer Bohrer klingt nicht automatisch angenehmer. „Unsere Forschung zeigte, dass allein eine geringere Lautstärke den Klang nicht angenehmer macht. Entscheidend ist die Klangqualität“, erklärt Yamada.
Das Team testete die Wirkung des Bohrgeräuschs bei Erwachsenen und Kindern. Dabei fiel auf, dass Kinder hohe Töne intensiver wahrnehmen. „Kinder hören diese Töne tatsächlich anders. Ihre Angst ist keine Einbildung, sondern eine reale Sinnesreaktion“, so Yamada. Diese Erkenntnis ist wichtig, denn viele Ängste vor dem Zahnarzt entstehen schon im Kindesalter.
Forscher optimieren Bohrerdesign für leiseren Klang
Mit weiteren Simulationen versuchten die Experten, die Akustik zu verbessern. Sie testeten verschiedene Bohrkopf-Formen und Luftauslässe, um störende Frequenzen zu vermeiden. Schon minimale Änderungen an den Bauteilen können große Wirkung haben. Die Ergebnisse zeigen:
- Der Bohrer erzeugt Töne bis zu 20 Kilohertz, also am oberen Rand des menschlichen Hörvermögens.
- Kinder empfinden diese Frequenzen als lauter, weil ihr Gehör empfindlicher auf hohe Töne reagiert.
- Der Lärm entsteht durch Luftwirbel im Bohrkopf, nicht durch den Kontakt mit dem Zahn.
Nun will das Team die Bauweise so anpassen, dass weniger Luftwirbel entstehen, ohne die Leistung des Geräts zu beeinträchtigen.
Zusammenarbeit mit der Industrie
Auf der Fachkonferenz der Acoustical Society of America in Honolulu stellte Yamadas Gruppe ihre Ergebnisse erstmals öffentlich vor. Nun sollen Partner aus der Dentalindustrie helfen, den Prototyp weiterzuentwickeln. Vor dem Einsatz in Zahnarztpraxen sind noch Sicherheits- und Haltbarkeitstests geplant.
„Wir hoffen, gemeinsam mit Herstellern die Entwicklung bis zur Marktreife voranzutreiben“, sagt Yamada.
Kurz zusammengefasst:
- Die Angst vor dem Zahnarzt entsteht oft durch das schrille Geräusch des Bohrers, nicht durch die Behandlung selbst – Forscher aus Japan wollen diesen Klang mithilfe von Supercomputern gezielt verändern.
- Entscheidend ist nicht die Lautstärke, sondern die Klangqualität: Kinder empfinden hohe Frequenzen als besonders unangenehm, weil ihr Gehör empfindlicher auf diese Töne reagiert.
- Durch veränderte Bohrkopf-Formen und optimierte Luftströme soll der Bohrer künftig leiser und angenehmer klingen – ohne die Leistung zu beeinträchtigen und mit dem Ziel, Zahnarztangst zu verringern.
Übrigens: Forscher der University of Nottingham haben ein Gel entwickelt, das Zahnschmelz nachwachsen lässt und Karies stoppt, bevor Löcher entstehen. Mehr dazu in unserem Artikel.
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