Mikroplastik im Ozean verschwindet nicht – es wird Teil des Wasserkreislaufs

Mikroplastik im Ozean bleibt über Jahrzehnte in stabilen Meeresschichten gefangen und wird so zu einem dauerhaften Bestandteil der Meeresumwelt.

Plastik im Ozean

Mikroplastik bleibt nicht an der Oberfläche: Winzige Teilchen schweben im Ozean jahrzehntelang zwischen Oberfläche und Tiefsee. © Unsplash

Plastikmüll gehört längst zu den größten Umweltproblemen unserer Zeit. Doch während Tüten, Flaschen und Folien sichtbar an Stränden oder auf der Meeresoberfläche treiben, bleibt der größte Teil des Mülls unsichtbar. Winzige Partikel, kleiner als ein Sandkorn, zirkulieren im Wasser – und das über Jahrzehnte. Eine neue Studie der japanischen Kyushu University zeigt nun, dass Mikroplastik im Ozean nicht einfach absinkt oder zerfällt, sondern in bestimmten Meeresschichten gefangen bleibt. Damit wird es zu einem dauerhaften Bestandteil der Meeresumwelt.

Die Forscher wollten verstehen, wie sich die kleinsten Plastikreste in den Tiefen des Pazifiks bewegen. Dafür untersuchten sie das Meerwasser zwischen der Oberfläche und 1.000 Metern Tiefe an vier Messpunkten im westlichen Nordpazifik. Zum ersten Mal wurde dabei in zwölf Schichten gemessen – ein bisher einmaliger Ansatz, der ein erstaunlich präzises Bild vom „versteckten Plastikhaushalt“ des Meeres liefert.

Mikroplastik im Ozean bleibt jahrzehntelang in Bewegung

In jeder Tiefe fanden sich winzige Plastikteilchen, sogenannte Small Microplastics (SMPs), die zwischen zehn und 300 Mikrometer groß sind. Das entspricht etwa der Dicke eines Haares. Im Durchschnitt schwammen rund 6.900 Partikel pro Kubikmeter Meerwasser, in einzelnen Schichten sogar über 14.000. Nach Korrektur möglicher Verunreinigungen lag der tatsächliche Wert bei etwa 4.800 Teilchen pro Kubikmeter – ein Vielfaches dessen, was frühere Studien im östlichen Pazifik fanden.

„Unsere Messungen zeigen, dass das Meer weitaus stärker mit Mikroplastik belastet ist, als bisher angenommen“, sagt Studienleiter Atsuhiko Isobe von der Kyushu University. „Ein großer Teil dieser Teilchen bleibt über Jahrzehnte in stabilen Wasserschichten gefangen.“

Zwei Wege führen Plastik in die Tiefe

Die Forscher konnten erstmals belegen, dass Mikroplastik auf zwei Wegen in den Ozean gelangt und dort auf verschiedene Weisen weiterwandert:

  • Langsamer Sinkflug: Manche Teilchen erreichen eine Art Schwebezustand. Sie treiben in etwa 100 bis 300 Metern Tiefe, wo die Wasserdichte stabil bleibt. In diesen Zonen zirkulieren sie über Jahrzehnte, ohne nach oben oder unten zu driften.
  • Schneller Absturz: Andere Partikel werden durch biologische Prozesse schwerer. Wenn sich Algen oder Bakterien anlagern, sinken sie in tiefere Schichten – teils bis unter 600 Meter – und bleiben dort liegen.

So entsteht im Meer eine unsichtbare Plastikschicht, die sich über weite Gebiete erstreckt. Nach Berechnungen des Teams können einzelne Teilchen in diesen Zonen 20 bis 40 Jahre treiben, bevor sie den Meeresboden erreichen.

Neue Messmethode macht das Unsichtbare sichtbar

Um die Verteilung exakt zu bestimmen, entwickelte das Forschungsteam eine neue Analysetechnik. Das Meerwasser wurde direkt an Bord in einer Reinraumkabine gefiltert, um Luftverschmutzung oder zusätzliche Plastikfasern auszuschließen. Für jede der zwölf Schichten wurden nur 16 Liter Wasser benötigt – deutlich weniger als in früheren Untersuchungen, die oft Tausende Liter durch große Pumpen leiteten.

Etwa 70 Prozent der gefundenen Teilchen bestanden aus Polyethylen und Polypropylen – Kunststoffe, die ursprünglich leichter als Wasser sind. Durch Biofouling, also den Bewuchs mit Mikroorganismen, werden sie schwerer und verlieren ihre Auftriebskraft. Die übrigen 30 Prozent bestanden aus Polyesterfasern, die vermutlich über den Wind und die Atmosphäre ins Meer gelangten.

Ein mehrstufiger Wassersammler an Bord der Umitaka-maru entnimmt Meerwasser aus unterschiedlichen Tiefen, damit Forschende darin kleinste Mikroplastikpartikel nachweisen können.
Das Probenahmegerät auf dem Forschungsschiff Umitaka-maru sammelt rund 50 Liter Meerwasser aus verschiedenen Tiefen, um es anschließend auf winzige Mikroplastikpartikel zu untersuchen. © Atsuhiko Isobe/Kyushu University

Unsichtbare Zonen mit hoher Plastikdichte

Besonders hohe Konzentrationen fanden sich in den Dichteschichten zwischen 23 und 25 σθ – also in Wasserschichten mit einer potenziellen Dichte von 23 bis 25 Kilogramm pro Liter –, was Tiefen von etwa 100 bis 300 Metern entspricht. Dort bleibt das Wasser über Jahrzehnte relativ unbewegt. In diesen „Zwischenräumen des Meeres“ sammelte sich die höchste Plastikmenge.

Darunter, bei rund 600 Metern, lag eine zweite Zone mit auffälliger Belastung. Diese Wasserschicht, bekannt als Nordpazifische Zwischenwasserschicht, kommt nie an die Oberfläche. Hier lagern sich vor allem schwerere Plastikpartikel ab, die durch biologische Prozesse beschwert wurden.

Mikroplastik reist durch stabile Meeresschichten

Ein Rechenmodell der Kyushu University zeigte, wie sich die Partikel entlang sogenannter Dichteschichten bewegen. Die leichtesten bleiben in mittleren Tiefen gefangen und bewegen sich horizontal über weite Strecken. Die schwereren sinken schneller ab und erreichen innerhalb von etwa zehn Tagen Tiefen von 1.000 Metern.

Dieses Zusammenspiel aus Schweben, Sinken und Umlagerung macht Mikroplastik im Ozean zu einem dauerhaften Bestandteil des marinen Systems. „Die Meere enthalten inzwischen eine unsichtbare Plastikschicht, die über Jahrzehnte bestehen bleibt“, so Isobe. Er warnt:

Diese Teilchen verschwinden nicht einfach, sie werden Teil des natürlichen Wasserkreislaufs.

Kurz zusammengefasst:

  • Eine neue Studie belegt, dass winzige Mikroplastikpartikel im Ozean nicht absinken, sondern über Jahrzehnte in stabilen Tiefenschichten schweben und dort verbleiben.
  • Im Durchschnitt fanden die Forscher 6.900 Partikel pro Kubikmeter Meerwasser, meist aus Alltagskunststoffen wie Polyethylen und Polypropylen, die sich durch Wellen, Sonne und Mikroorganismen zersetzen.
  • Der Ozean ist zu einem unsichtbaren Lager für Mikroplastik geworden, das sich kaum abbaut und die Meeresumwelt langfristig belastet.

Übrigens: Auch in der Tiefe der Meere bedroht der Mensch das Leben – beim Abbau seltener Rohstoffe entstehen trübe Abraumwolken, die ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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