Vor 4,5 Milliarden Jahren krachte die Erde mit einem anderen Planeten zusammen – dabei enstand Mond

Vor 4,5 Milliarden Jahren kollidierte die junge Erde mit einem fast gleich großen „Impactor“ – Theia brachte ihr Eisen, und der Mond entstand.

Unser Mond entstand bei einem gewaltigen Crash mit Theia

Künstlerische Darstellung der Kollision zwischen der jungen Erde und Theia: Da Theia aus dem inneren Sonnensystem stammt, ist im Hintergrund die Sonne zu sehen. © MPS / Mark A. Garlick

Der Mond begleitet die Erde seit Milliarden Jahren. Er steuert Ebbe und Flut, stabilisiert die Erdachse und beeinflusst das Klima. Ohne ihn wäre Leben, wie wir es kennen, kaum möglich. Doch seine Entstehung gibt Forschern bis heute Rätsel auf. Wie entstand der Mond wirklich – und woher kam das Material, aus dem er besteht?

Eine neue Studie des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) und der Universität Chicago bringt nun Klarheit in eines der ältesten Kapitel der Erdgeschichte. Zum ersten Mal konnten Wissenschaftler zeigen, dass der Planet, der vor rund 4,5 Milliarden Jahren als gewaltiger „Impactor“ mit der jungen Erde kollidierte, wahrscheinlich aus dem inneren Sonnensystem stammte – also aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Erde. Dieser Planet trägt den Namen Theia.

Der Mond entstand aus Trümmern eines Nachbarplaneten

Aus dieser Kollision entstand der Mond: Theia traf die junge Erde mit solcher Wucht, dass riesige Mengen Gestein ins All geschleudert wurden. Ein Teil des Materials verschmolz mit der Erde, ein anderer sammelte sich zu ihrem Begleiter. Dabei gelangte auch neues Eisen auf die Erde, das bis heute im Erdmantel und in der Kruste erhalten ist.

„Ein erheblicher Anteil des Eisens, das wir täglich nutzen, könnte ursprünglich von diesem zerstörten Planeten stammen“, erklärt Timo Hopp, Erstautor der Studie. Der gewaltige Einschlag prägte damit nicht nur die Gestalt der Erde, sondern auch ihre chemische Zusammensetzung.

Forscher entschlüsseln die Herkunft des Mondes

Die Vorstellung, dass ein planetengroßer Körper einst mit der Erde zusammenstieß, ist nicht neu. Doch woher Theia kam, war bisher unklar. Manche Theorien gingen davon aus, dass er aus den äußeren Regionen des Sonnensystems stammte – weit entfernt von der Erde. Die neue Studie zeigt nun ein anderes Bild: Theia war offenbar ein Nachbarplanet, der auf einer ähnlichen Bahn wie die Erde kreiste.

„Unsere Berechnungen deuten darauf hin, dass Theia im inneren Sonnensystem entstanden ist, wahrscheinlich etwas näher an der Sonne als die Erde“, so Hopp. Sein Team untersuchte Unterschiede in den Isotopen von Eisen – also Atomen desselben Elements mit leicht unterschiedlicher Masse.

Mond- und Meteoritenproben zeigen: Theia entstand in Erdnähe

Um herauszufinden, woher Theia stammte, analysierten Forscher Gesteinsproben vom Mond, die Astronauten der Apollo-Missionen zur Erde brachten. Ergänzend untersuchten sie irdische Gesteine und verschiedene Meteoriten, die als Vergleich für unterschiedliche Entstehungszonen im Sonnensystem dienen. Die chemischen Signaturen dieser Proben – insbesondere die Verteilung der Eisenisotope – geben Aufschluss darüber, wo ein Himmelskörper entstand.

Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Erde und Mond besitzen nahezu identische Isotopenverhältnisse, die stark jenen von Meteoriten aus dem inneren Sonnensystem ähneln. Damit war klar: Theia war kein fremder Eindringling aus der Ferne, sondern entstand in der gleichen Region wie die Erde.

Mit „Reverse Engineering“ entschlüsseln Forscher Theias Ursprung

Um diese Herkunft präzise zu bestimmen, nutzte das Team ein neues Verfahren – eine Art „Reverse Engineering“ der Planetenbildung. Statt die Kollision rechnerisch zu simulieren, berechneten die Forscher rückwärts, welche Materialmischung den heutigen Isotopenmustern von Erde und Mond entspricht. Grundlage waren hochauflösende Messungen von Eisen, Chrom, Zirkonium und Molybdän.

„In der Zusammensetzung eines Körpers ist seine gesamte Entstehungsgeschichte archiviert, auch sein Entstehungsort“, erklärt Thorsten Kleine, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. So ließ sich Theias chemische Signatur erstmals eindeutig dem inneren Sonnensystem zuordnen.

Theia lieferte das Eisen, aus dem unsere Welt gebaut ist

Als sich die junge Erde bildete, enthielt sie zwar reichlich Eisen, doch fast das gesamte Metall sank in ihren Kern. Der Mantel war danach nahezu eisenfrei. Erst durch den Einschlag mit Theia gelangte zusätzliches Eisen auf die Erde – Material, das der Planet selbst mitbrachte und das bis heute in den oberen Schichten erhalten ist.

Dieses Eisen spielt bis heute eine zentrale Rolle – es steckt in Gebäuden, Fahrzeugen und Werkzeugen. Das Metall, das unsere Zivilisation trägt, stammt zum Teil von einem zerstörten Planeten, der einst auf derselben Umlaufbahn wie die Erde kreiste.

Kurz zusammengefasst:

  • Vor rund 4,5 Milliarden Jahren kollidierte die junge Erde mit dem marsgroßen Planeten Theia – aus den Trümmern dieser Kollision entstand der Mond.
  • Theia wurde vollständig zerstört, ihr Material verschmolz teils mit der Erde und teils mit dem Mond – Spuren davon finden sich bis heute in Gesteinen beider Himmelskörper.
  • Die neue Studie zeigt: Theia stammte aus dem inneren Sonnensystem und brachte zusätzliches Eisen auf die Erde – das Metall, das unsere Zivilisation bis heute prägt.

Übrigens: Forscher haben erstmals Metallteile direkt in der Schwerelosigkeit gedruckt – ein entscheidender Schritt für künftige Mond- und Marsmissionen. Wie der 3D-Druck im All funktioniert und warum das unsere Raumfahrt verändern könnte, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © MPS / Mark A. Garlick

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