Strom aus der Kälte des Weltraums – Diese Erfindung liefert Energie, wenn alles schläft
Ein neuer Motor gewinnt Energie aus der Kälte des Weltraums und erzeugt Strom in der Nacht, allein durch den Temperaturunterschied zur Erde.
Ein Stirlingmotor von UC-Davis-Professor Jeremy Munday nutzt die Weltraumkälte, um Energie zu erzeugen – genug, um Ventilatoren oder Gewächshäuser anzutreiben. © Mario Rodriguez for UC Davis College of Engineering
Wenn die Sonne untergeht, beginnt die Maschine zu arbeiten. Sie steht im Freien, surrt leise – und gewinnt Strom aus der Kälte des Weltraums. Ingenieure der University of California in Davis haben ein Gerät entwickelt, das in klaren Nächten Energie erzeugt, ohne Brennstoff, Akku oder Sonne. Möglich macht das der Temperaturunterschied zwischen der warmen Erde und der eisigen Leere des Alls.
Wie aus Wärme und Kälte Bewegung entsteht
Der Motor basiert auf einem Prinzip, das der schottische Erfinder Robert Stirling bereits 1816 beschrieb: Wärmeunterschiede zwischen zwei Gasräumen treiben einen Kolben an. Die Forscher in Kalifornien übertragen dieses bewährte Konzept nun auf den Temperaturkontrast zwischen Erde und Weltraum.
Die obere Platte des Motors sendet Wärme ins All ab, während die untere Platte mit dem Boden in Kontakt bleibt und dadurch wärmer ist. So entsteht ein Temperaturunterschied von rund zehn Grad Celsius – genug, um das Schwungrad des Motors in Bewegung zu setzen.
Storm dank Weltraumkälte – Energie fließt, wenn es dunkel wird
„Unser Motor zeigt, dass sich selbst aus der nächtlichen Abstrahlung der Erde mechanische Arbeit gewinnen lässt“, erklärt Jeremy Munday, Professor für Elektrotechnik an der University of California. „Das System nutzt den gleichen physikalischen Effekt, durch den die Erde nachts Wärme ins All verliert.“
Im Experiment drehte sich das Schwungrad mit etwa einer Umdrehung pro Sekunde. Das klingt bescheiden, reicht aber aus, um kleine Ventilatoren oder Pumpen anzutreiben. Der Motor erzeugte eine Leistung von etwa 400 Milliwatt pro Quadratmeter. Unter optimalen Bedingungen seien laut Munday bis zu sechs Watt pro Quadratmeter möglich.
Motor treibt Ventilator und Mini-Generator an
Die Ingenieure testeten die Maschine in einem Jahr Dauerversuch unter freiem Himmel. Selbst im Winter blieb der Temperaturunterschied meist groß genug, um den Motor zu betreiben. Nur bei dichter Bewölkung oder hoher Luftfeuchtigkeit stoppte das System kurzzeitig.
„Der Motor läuft am besten bei klarem Himmel und trockener Luft“, sagt Erstautor Tristan Deppe. „Feuchtigkeit blockiert die Wärmestrahlung in Richtung Weltraum.“ In den Sommermonaten Kaliforniens erreichte die Maschine ihre beste Leistung.

(b) Diagramme zeigen, wie Infrarotstrahlung und Sonnenlicht im Verlauf des Abends schwanken; Wolken dämpfen die Strahlung durch ihren hohen Wassergehalt.
(c) Die Temperaturkurven der Platten folgen diesen Schwankungen: Wenn die Strahlung abnimmt, sinkt auch die Temperatur der oberen Platte.
(d) Trotz dieser Veränderungen bleibt der Temperaturunterschied fast konstant – nur kurze Strahlungsspitzen bremsen den Motor leicht ab. © Studie
Anwendung in Gewächshäusern und Gebäuden
Neben der reinen Energiegewinnung testete das Team den Motor als Antrieb für einen kleinen Ventilator. Dabei kühlte die obere Platte auf etwa sieben Grad Celsius ab, während die untere rund 29 Grad erreichte. Der Motor erzeugte damit einen Luftstrom von bis zu 0,3 Metern pro Sekunde – ausreichend, um in Gewächshäusern Kohlendioxid zu verteilen oder Luft zu zirkulieren.
Auch in Wohnräumen könnte das System genutzt werden. Bei geringeren Temperaturunterschieden bewegt sich die Luft immer noch mit rund 0,2 Metern pro Sekunde – genug, um die von Klimaanlagen empfohlene Luftzirkulation zu erreichen.
Strom aus der Kälte des Alls entlastet das Netz
Darüber hinaus ließe sich die Maschine mit einem kleinen Generator koppeln, der die mechanische Bewegung in Strom umwandelt. Das Team baute dazu einen Gleichstrommotor an die Achse des Stirlingmotors. Damit konnten sie zusätzlich elektrische Energie erzeugen, etwa zum Laden kleiner Akkus.
Etwa die Hälfte der mechanischen Energie blieb dabei erhalten – genug, um gleichzeitig Strom zu gewinnen und den Motor in Bewegung zu halten. Munday sieht darin „eine einfache Möglichkeit, nächtliche Energiequellen zu nutzen, ohne zusätzliche Ressourcen zu verbrauchen“.
Potenzial in trockenen Regionen am größten
Eine globale Simulation zeigte, dass die Technologie besonders in trockenen und klaren Klimazonen funktioniert. Wüstenregionen wie die Sahara oder Gebirgszonen könnten den größten Temperaturunterschied zwischen Boden und Himmel bieten. In feuchten Gebieten hingegen dämpft Wasserdampf den Effekt.
Interessanterweise errechneten die Forscher auch ein hohes Potenzial in der Antarktis im Sommer – dort, wo die Luft extrem trocken und der Himmel wolkenlos ist.
Nächtliche Energie als Ergänzung zur Solarenergie
Die neue Technik ist den Erfindern zufolge keine Konkurrenz zur Solarenergie, sondern eine Ergänzung. „Photovoltaik liefert Energie am Tag, unsere Maschine in der Nacht“, sagt Munday. Das Prinzip lasse sich mit vorhandenen Materialien skalieren und könnte in Zukunft helfen, Energieversorgung und Klimaschutz besser zu verbinden.
Das Gerät arbeitet passiv, braucht keine Batterie und keine Wartung. Es nutzt lediglich die Temperaturdifferenz, die zwischen Erde und Weltraum ohnehin besteht – eine unscheinbare, aber stetige Energiequelle.
Kurz zusammengefasst:
- Ingenieure der University of California in Davis haben einen Motor gebaut, der den Temperaturunterschied zwischen Erde und Weltraum nutzt, um Energie zu erzeugen.
- Das Gerät arbeitet nach dem Prinzip des Stirlingmotors: Die warme Erde treibt zusammen mit der Kälte des Alls ein Schwungrad an, das mechanische oder elektrische Energie liefert.
- Die Technik könnte Solarstrom ergänzen, besonders in trockenen Regionen eingesetzt werden und Gebäude oder Gewächshäuser ohne zusätzliche Energiequellen mit Luftzirkulation versorgen.
Übrigens: Während Ingenieure an der University of California Strom aus Weltraumkälte gewinnen, arbeiten Forscher am MIT an einem Baustoff, der Energie speichert. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Mario Rodriguez for UC Davis College of Engineering
