Neue Super-Erde in unserer Nachbarschaft: Ist das unsere beste Chance auf außerirdisches Leben?
Forscher entdecken nahe Super-Erde um Gliese 251: ein vermutlich felsiger Planet in der habitablen Zone, ideal für die Suche nach Leben.
Forscher sprechen bei GJ 251 c von einer Super-Erde: Messdaten deuten auf einen felsigen Planeten hin, fast viermal so massereich wie die Erde. © University of California Irvine
Seit Jahren investieren Raumfahrtbehörden und Forschungseinrichtungen Milliarden in Teleskope, Instrumente und Rechenzentren, um Spuren von Leben außerhalb des Sonnensystems aufzuspüren. Meist bleibt die Suche abstrakt: unzählige Kandidaten, viele Fragezeichen.
Nun rückt ein Planet in den Vordergrund, der diese Suche konkreter macht als viele Funde zuvor – ein Himmelskörper in nur rund 20 Lichtjahren Entfernung, der gleich mehrere entscheidende Kriterien erfüllt. Wenn Forscher dabei von einer „besten Chance“ sprechen, geht es vor allem um eines: Hier lassen sich mit künftiger Technik Lebensspuren überhaupt gezielt suchen.
Der Planet trägt die Bezeichnung GJ 251 c und umkreist den roten Zwergstern Gliese 251. Fachleute stufen ihn als sogenannte Super-Erde ein: deutlich massereicher als unser Heimatplanet, aber vermutlich noch mit fester Oberfläche. Besonders interessant ist seine Bahn: Er kreist in einem Abstand um seinen Stern, in dem flüssiges Wasser auf der Oberfläche möglich wäre – falls sich eine geeignete Atmosphäre gebildet hat.
Planet in der lebensfreundlichen Zone
Gliese 251 ist deutlich kleiner und kühler als die Sonne, strahlt also weniger Energie ab. Dadurch rückt der Bereich, in dem Wasser weder sofort verdampft noch vollständig gefriert, sehr nah an den Stern heran. Genau in dieser Zone liegt die Umlaufbahn von GJ 251 c. Modelle der beteiligten Forscher zeigen, dass auf dem Planeten bei passenden atmosphärischen Bedingungen Oberflächentemperaturen im gemäßigten Bereich denkbar sind.
Suvrath Mahadevan, Professor für Astronomie an der Penn State University und Mitautor der nun im Fachblatt The Astronomical Journal veröffentlichten Studie, bringt die Bedeutung des Fundes so auf den Punkt: „Wir suchen genau nach solchen Planeten, weil sie unsere beste Chance sind, irgendwo anders Leben zu finden. Dieser Exoplanet befindet sich in der habitablen, der ‘Goldlöckchen-Zone’ – genau in dem Abstand zu seinem Stern, in dem flüssiges Wasser auf der Oberfläche existieren könnte, wenn die Atmosphäre stimmt.“
Gemeint ist damit vor allem die seltene Kombination aus Nähe, Größe und günstiger Umlaufbahn – nicht eine Garantie, dass ausgerechnet dort tatsächlich Leben entstanden ist.
Die Studie beschreibt eine Mindestmasse von etwa 3,8 Erdmassen und eine Umlaufzeit von rund 54 Tagen. Aus diesen Daten schließen die Teams, dass kein Gasriese vorliegt, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit eine große Felswelt. In der Exoplanetenforschung gehören genau solche Objekte zu den bevorzugten Zielen: schwer genug, um ein klares Messsignal zu erzeugen, gleichzeitig aber kompakt genug, um erdähnliche Oberflächenbedingungen nicht auszuschließen.
Präzisionsinstrumente und 20 Jahre Daten
Der Nachweis gelang nicht durch ein Bild, sondern durch die Analyse eines winzigen „Wackelns“ im Sternenlicht. Der Planet zieht mit seiner Schwerkraft am Stern und versetzt ihn in eine leichte Taumelbewegung. Diese Bewegung verursacht minimale Verschiebungen im Lichtspektrum, die als Radialgeschwindigkeit messbar sind.
Für GJ 251 c werteten die Forscher Beobachtungsdaten aus mehr als zwei Jahrzehnten aus. Im Zentrum standen zwei Instrumente, die speziell für die Suche nach erdähnlichen Planeten um kühle Sterne entwickelt wurden: der „Habitable-Zone Planet Finder“ (HPF) am Hobby-Eberly-Teleskop in Texas und der NEID-Spektrograph am Kitt-Peak-Observatorium in Arizona. Beide liefern extrem präzise Messungen der Sternbewegung.
Zunächst ließ sich ein innerer Planet mit einer Umlaufzeit von 14 Tagen bestätigen. Erst in Kombination mit den besonders genauen HPF-Daten tauchte ein zweites, langsameres, aber deutliches Signal auf – der Hinweis auf einen weiteren, massereicheren Begleiter. Zusätzliche Auswertungen mit NEID stützten diese Interpretation.

Sternaktivität als Störfaktor
Der Weg von einem verdächtigen Signal zu einem akzeptierten Planeten ist lang. Sterne besitzen Flecken, Magnetfelder und Ausbrüche, die das Spektrum verändern und so ähnliche Muster wie ein umlaufender Planet erzeugen können. Diese „Stellaraktivität“ ist ein zentraler Störfaktor.
Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, legte das Team umfangreiche statistische Modelle zugrunde. Analysiert wurde unter anderem, wie stabil das Signal über verschiedene Wellenlängen hinweg bleibt und ob die Perioden mit bekannten Aktivitätszyklen des Sterns übereinstimmen. Erst als sich das Muster nicht mehr plausibel durch Sternflecken und andere Phänomene erklären ließ, galt GJ 251 c als ausreichend gesichert, um die Ergebnisse zu veröffentlichen.
Warum dieser Planet als besonders aussichtsreich gilt
Bemerkenswert ist nicht nur die Lage des Planeten in der lebensfreundlichen Zone, sondern auch seine Rolle für die zukünftige Beobachtung. Die Kombination aus Distanz, Sternhelligkeit und Bahndaten macht GJ 251 c zu einem der seltenen Fälle, bei denen künftige Riesenteleskope mehr tun können, als nur Masse und Umlaufzeit zu bestimmen.
Für die nächste Generation bodengebundener Observatorien mit Spiegeldurchmessern um 30 Meter rechnen die Wissenschaftler damit, dass sich das Licht des Planeten von dem seines Sterns trennen lässt. Gelingt das, kann seine Atmosphäre spektroskopisch untersucht werden. In einem solchen Spektrum wären Gasbestandteile erkennbar, darunter im besten Fall Kombinationen, die auf chemische Ungleichgewichte schließen lassen – ein möglicher Hinweis auf biologische Prozesse.
Im Vergleich zu vielen anderen bekannten Exoplaneten führt genau das zu der Bewertung, GJ 251 c gehöre zu den derzeit besten Kandidaten für eine gezielte Suche nach Lebenssignaturen: nah genug, um detaillierte Messungen zu erlauben, und so positioniert, dass die geplanten Instrumente ihre Stärken ausspielen können.
Kurz zusammengefasst:
- Astronomen haben mit Präzisionsmessungen den Planeten GJ 251 c entdeckt – eine Super-Erde in etwa 20 Lichtjahren Entfernung, die um den roten Zwerg Gliese 251 kreist und rund 3,8 Erdmassen besitzt.
- GJ 251 c liegt in der habitablen „Goldlöckchen-Zone“ seines Sterns, also in einem Bereich, in dem bei geeigneter Atmosphäre flüssiges Wasser auf der Oberfläche möglich wäre.
- Durch die Kombination aus Nähe, Größe und Umlaufbahn gehört GJ 251 c zu den derzeit wichtigsten Kandidaten, deren Atmosphäre künftige Riesenteleskope gezielt auf mögliche Lebensspuren untersuchen können.
Übrigens: Während GJ 251 c als neue Super-Erde in unserer Nachbarschaft gilt, zeigt eine Heidelberger Studie, dass erdähnliche Planeten besonders oft kleine, massearme Sterne umkreisen. Wo Astronomen jetzt gezielt nach Erd-Zwillingen suchen, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © University of California Irvine
