LinkedIn-Chef will smart klingen, wenn er an den Microsoft-Chef schreibt – und erkennt ein gefährliches KI-Problem

LinkedIn-Chef Ryan Roslansky nutzt KI für fast jede wichtige E-Mail – und warnt, dass sie dabei „Tonnen von Entscheidungen“ für ihn trifft.

Ryan Roslansky und KI – der LinkedIn-Chef sieht ein Problem

Ryan Roslansky, Chef von LinkedIn, nutzt beim Schreiben an Microsoft-Chef Satya Nadella regelmäßig KI – und fragt sich inzwischen, wer in diesen Mails wirklich denkt. © Wikimedia

Selbst Spitzenmanager überlassen das Schreiben inzwischen der Maschine: Wie der Business Insider berichtet, nutzt LinkedIn-Chef Ryan Roslansky bei fast jeder wichtigen E-Mail KI – auch dann, wenn er an seinen Vorgesetzten Satya Nadella schreibt, den CEO von Microsoft.

Er sagt offen: Künstliche Intelligenz sei für ihn wie „ein zweites Gehirn“, das ihn „extrem gut kenne“ und helfe, „super smart“ zu klingen. Diese Haltung teilt er offenbar mit vielen Führungskräften. Laut einer Gallup-Umfrage nutzen Manager und Führungspersonen fast doppelt so häufig KI-Tools wie ihre Mitarbeiter. Rund ein Drittel der befragten Vorgesetzten greift regelmäßig auf KI zurück – in der Tech-Branche sogar jeder Zweite.

Gallups Chefwissenschaftler Jim Harter erklärt das so: „Viele Führungskräfte spüren den Druck, sich mit KI auseinanderzusetzen. Sie sehen sie als Chance, aber auch als potenzielle Bedrohung.“

Auch für Roslansky zeigt sich in einem Satz, wo das Problem liegt: Die Technologie nimmt ihm Entscheidungen ab, die eigentlich er selbst treffen müsste:

Wenn man KI einfach bittet, eine Antwort zu schreiben, trifft sie Tonnen von Entscheidungen für dich.

Wenn KI für uns schreibt – und mitdenkt

Was der LinkedIn-Chef beschreibt, betrifft längst nicht nur Top-Manager. Millionen Berufstätige nutzen heute KI-Tools wie ChatGPT, um E-Mails, Berichte oder Präsentationen schneller zu formulieren. Doch dabei geht es nicht nur um Stil oder Rechtschreibung.

KI entscheidet, wie höflich, bestimmt oder vorsichtig ein Text klingt. Sie wählt Wörter, ordnet Argumente – und bestimmt damit, wie wir wirken. Wer der Maschine zu viel überlässt, verliert schleichend die Kontrolle über Ton, Haltung und Botschaft.

Genau davor warnen Forscher in einer Studie: Wenn Menschen sich zu stark auf KI verlassen, nimmt ihre Fähigkeit zu kritisch denken und eigenständig Entscheidungen zu treffen ab. Wer regelmäßig mit KI schreibt, gewöhnt sich daran, Vorschläge zu übernehmen – statt sie zu hinterfragen.

Die Forscher sprechen von einem „Verlust kognitiver Kontrolle“. Die Maschine übernimmt Denkprozesse, die früher selbstverständlich menschlich waren – und verändert so unmerklich die Art, wie wir kommunizieren und urteilen.

Die unsichtbare Macht der Algorithmen

Noch deutlicher wird das in einer zweiten Analyse. Darin beschreiben Experten drei große Probleme, wenn KI bei Entscheidungen mitwirkt:

  1. Mangelndes Vertrauen: Viele Nutzer wissen nicht, wie zuverlässig die Vorschläge wirklich sind
  2. Fehlende Transparenz: KI-Systeme treffen Entscheidungen, ohne dass klar ist, warum sie etwas so formulieren
  3. Fehleranfälligkeit: KI kann falsche Annahmen übernehmen – und sie klingen trotzdem plausibel

Gerade in Management- und Kommunikationsprozessen können diese Probleme gravierend sein. Denn sobald KI Entscheidungsempfehlungen liefert – oder Texte so formuliert, dass sie sozial oder strategisch vorteilhaft klingen –, entsteht eine Grauzone: Wer trägt die Verantwortung für das Ergebnis?

Wenn ein System eine höflichere, vorsichtigere oder schärfere Formulierung vorschlägt, verändert es den Inhalt der Botschaft – und damit potenziell auch geschäftliche oder politische Entscheidungen.

Die Autoren der Studie warnen, dass Unternehmen klare Richtlinien und Kontrollen brauchen, um die Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit von KI-gestützten Entscheidungen zu gewährleisten. Denn die Versuchung ist groß, Maschinen Autorität zu verleihen, weil sie effizient wirken und Komplexität reduzieren. Doch gerade in der Unternehmenskommunikation, wo jedes Wort Gewicht hat, kann ein solches Vertrauen gefährlich werden.

Wenn KI zur Stimme wird – und wir unsere eigene verlieren

Roslanskys eigene Praxis zeigt: Was bequem klingt, kann Folgen haben. Wir sprechen weniger direkt, übernehmen fremde Denkweisen, verlieren einen Teil unserer persönlichen Handschrift.

Die beiden Studien liefern dafür den wissenschaftlichen Hintergrund: KI hilft – aber sie prägt auch, wie wir denken, schreiben und führen. Wer sie unkritisch nutzt, gibt ein Stück Selbstbestimmung ab.

Kurz zusammengefasst:

  • LinkedIn-Chef Ryan Roslansky nutzt KI, um seine E-Mails an Microsoft-Chef Satya Nadella klarer und professioneller zu formulieren – und nennt sie dabei sein „zweites Gehirn“.
  • Er warnt jedoch, dass KI beim Schreiben „Tonnen von Entscheidungen“ trifft – über Ton, Wortwahl und Wirkung –, ohne dass Nutzer das merken.
  • Studien zeigen: Wer sich zu stark auf KI verlässt, verliert ein Stück seiner kritischen Urteilskraft – und überlässt der Maschine unbewusst mehr Kontrolle, als ihm lieb ist.

Übrigens: Selbst Höflichkeit hat bei künstlicher Intelligenz ihren Preis – OpenAI-Chef Sam Altman verriet, dass Floskeln wie „Bitte“ und „Danke“ das Unternehmen Millionen kosten. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Seaneric12 via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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