Heißes Wasser und kaltes Treibhausgas sprudeln direkt nebeneinander aus der Tiefsee

In der Tiefsee vor Papua-Neuguinea entdeckten Forscher Hydrothermalquellen, an denen heißes Wasser und Methan ungewöhnlich nah austreten.

Hydrothermalfeld am Meeresboden vor Papua-Neuguinea, aus dem gleichzeitig heißes Wasser und kaltes Methan austreten.

Temperaturmessungen am Meeresboden: Vor Papua-Neuguinea sprudeln heiße Flüssigkeit und kaltes Gas nur Zentimeter voneinander entfernt aus dem Sediment – ein weltweit einzigartiges Naturphänomen. © ROV-Team, GEOMAR

Methan gilt als eines der wirksamsten Treibhausgase, heiße Quellen am Meeresboden wiederum als Ursprung seltener Metalle und Lebensräume. Normalerweise liegen solche Systeme weit auseinander – doch vor Papua-Neuguinea im Pazifik zeigt sich ein völlig anderes Bild. In mehr als 1300 Metern Tiefe stieß ein Team des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel auf das Karambusel-Feld, wo Hydrothermalquellen und Methanquellen direkt nebeneinander aus dem Meeresboden treten. Beschrieben wurde dieser Fund jetzt in einer Studie, die im Fachjournal Scientific Reports erschienen ist.

Dort entwich 41,9 Grad warmes Wasser nur 30 Zentimeter neben einer 10,2 Grad kühlen Gasquelle. An einer weiteren Stelle erreichte eine Quelle sogar die bislang höchste Temperatur: 51 Grad über der Umgebung von 2,6 Grad Meerwassertemperatur.

„Wir haben hier im Grunde eine heiße Quelle, die direkt neben einer kühlen Gasquelle sprudelt – so etwas ist bisher noch nie beschrieben worden“, sagt Expeditionsleiter Philipp Brandl. Solche Extreme auf engstem Raum sind einzigartig – mit Folgen für Klima, Rohstoffsuche und das Verständnis von Leben unter Extrembedingungen.

Methan in Rekordmenge – mit überraschender Herkunft

Das austretende Gas besteht zu über 80 Prozent aus Methan – ein bisher unerreichter Wert für Hydrothermalsysteme. Isotopenanalysen zeigen, dass das Methan aus sogenannten thermogenen Quellen stammt. Es entsteht, wenn organisches Material in tieferen Sedimentschichten durch Erdwärme zersetzt wird.

Besonders ist auch der Aufstiegsweg. Sowohl das heiße Wasser als auch das Methan steigen durch dieselben Gesteinskanäle auf – ein weltweit einmaliger geologischer Mechanismus.

Neues Leben im Schatten der Quellen

Auch biologisch ist das sogenannte Karambusel-Feld etwas Besonderes. Der Name stammt vom lokalen Wort für „Muschel“ – und eben diese bedecken hier in dichten Kolonien den Meeresboden. Die ungewöhnliche Mischung aus warmem und kaltem Wasser schafft neue Lebensräume in der Tiefsee. Die Forscher berichten, dass viele Gesteinsflächen komplett von Tieren besiedelt sind – ein Hinweis auf ein überraschend reiches Ökosystem in über 1.300 Metern Tiefe.

„Teilweise war kein Stück Gestein mehr zu sehen, weil alles so dicht besiedelt ist“, sagt Brandl. Darunter finden sich vermutlich auch bislang unbekannte Arten.

Gesichtet wurden unter anderem:

  • große Kolonien von Bathymodiolus-Muscheln
  • Röhrenwürmer wie Lamellibrachia columna
  • Krabben (Shinkaia crosnieri), Seepocken und lilafarbene Seegurken
  • mindestens 23 Arten, die ausschließlich an solchen Quellen vorkommen
Aufgrund der dichten Muschelteppiche wurde das Feld "Karambusel" getauft. In der lokalen Tok Pisin Sprache bedeutet das "Muschel".
Dichte Muschelteppiche bedecken das Hydrothermalfeld vor Papua-Neuguinea. Forscher tauften es „Karambusel“ – das bedeutet „Muschel“ in der lokalen Tok-Pisin-Sprache. © ROV-Team, GEOMAR

Gold und Silber im Gestein

Im Gestein rund um das Feld fanden die Wissenschaftler Hinweise auf eine frühere Hochtemperaturphase. Damals lagerten sich in den Poren Edel- und Schwermetalle ab. Die Proben enthielten:

  • bis zu 28 Mikrogramm Gold pro Gramm
  • bis zu 2.400 Mikrogramm Silber pro Gramm
  • über 5.800 Mikrogramm Antimon pro Gramm
  • über 1 Gewichtsprozent Arsen
  • bis zu 500 Mikrogramm Quecksilber pro Gramm

Das System ist heute kühler, aber weiterhin aktiv. Es bildet weiterhin Minerale wie Orpiment oder Stibnit.

Tiefsee-Methanquellen im Hydrothermalfeld liefern neue Klimahinweise

Methan gehört zu den klimaschädlichsten Gasen. Ob die Tiefseequellen tatsächlich klimarelevant sind, ist noch offen. Sicher ist: Das Karambusel-Feld weist auf bisher unentdeckte Methanquellen im Ozean hin – und könnte helfen, Lücken im globalen Kohlenstoffkreislauf zu schließen.

Zudem zeigt die Entdeckung, wie Leben unter extremen Bedingungen entstehen kann. Für die Astrobiologie sind solche Systeme ein Modell: Auch auf Monden oder Planeten mit unterirdischem Ozean könnten ähnliche Prozesse ablaufen.

Tiefseebergbau bedroht das neue Ökosystem

Doch der Fund kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. In der Nähe fördert die Ladolam-Goldmine bereits Erze. Rückstände aus dem Abbau gelangen ins Meer. Außerdem gibt es Explorationslizenzen für den Meeresboden rund um das Karambusel-Feld.

„Mit dem Karambusel-Feld haben wir einen unerwarteten Schatz der Artenvielfalt entdeckt, den es zu schützen gilt, bevor wirtschaftliche Interessen ihn zerstören“, warnt Brandl.

Kurz zusammengefasst:

  • Im neu entdeckten Hydrothermalfeld in der Tiefsee vor Papua-Neuguinea treten erstmals heiße Quellen und kühles Methangas direkt nebeneinander aus.
  • Diese besondere Kombination schafft einen neuen Lebensraum für seltene Arten und begünstigt die Ablagerung wertvoller Metalle wie Gold, Silber und Antimon.
  • Weil Methan stark klimawirksam ist und wirtschaftliche Interessen das Ökosystem bedrohen, fordern Wissenschaftler Schutzmaßnahmen für das einzigartige Tiefseegebiet.

Übrigens: In der Finsternis der Tiefsee verwandelt ein Wurm tödliches Arsen in ein schützendes Mineral – und trotzt so einer giftigen Umgebung. Warum das auch für Medizin und Umweltschutz bedeutsam ist, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © ROV-Team, GEOMAR

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