Diese Konzerne befeuern unsere Rekordhitze – Neue Studie enthüllt ihren Anteil an Hitzewellen
Extreme Hitzewellen nehmen stark zu. Eine ETH-Studie zeigt: 180 Konzerne haben sie messbar intensiver und wahrscheinlicher gemacht.

Rauchende Fabrikschlote treiben CO2 in die Atmosphäre – ihre Emissionen lassen Hitzewellen weltweit häufiger und gefährlicher werden. © Pexels
Der Sommer 2023 hat es vielen Menschen noch einmal vor Augen geführt: Wochenlange Hitze, verdorrte Felder, überlastete Krankenhäuser. Für viele ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen wurden die extremen Temperaturen zur ernsten Gefahr. Auch die Wirtschaft litt – vom Baugewerbe bis zur Landwirtschaft.
Eine neue Untersuchung zeigt nun, dass diese Entwicklung kein Zufall ist. Große Produzenten fossiler Energien und Zementhersteller haben erheblich dazu beigetragen, dass Hitzewellen häufiger und intensiver auftreten. Ihre Emissionen hinterlassen messbare Spuren – und zwar bis hin zu den Hitzerekorden der vergangenen Jahre.
Klimawandel macht Hitzewellen wahrscheinlicher
Die Studie der ETH Zürich hat 226 Hitzewellen zwischen 2000 und 2023 analysiert. 213 davon konnten eindeutig ausgewertet werden. Das Ergebnis: Rund ein Viertel dieser Ereignisse wäre ohne den Klimawandel praktisch unmöglich gewesen.
Besonders drastisch fällt die Entwicklung über die Jahrzehnte aus. Zwischen 2000 und 2009 stiegen die Temperaturen während extremer Hitzeperioden im Schnitt um 1,4 Grad an. Von 2010 bis 2019 waren es 1,7 Grad, seit 2020 bereits 2,2 Grad.
Wahrscheinlichkeit steigt um ein Vi elfaches
Neben den Temperaturen berechneten die Wissenschaftler auch die Eintrittswahrscheinlichkeit. Verglichen mit der Zeit vor der Industrialisierung (1850–1900) traten Hitzewellen zwischen 2000 und 2009 zwanzigmal häufiger auf. Im Jahrzehnt danach schnellte die Wahrscheinlichkeit sogar auf das 200-Fache hoch.
Ein Beispiel verdeutlicht die Dimension: Die extreme Hitzewelle im Nordwesten der USA 2021 – bekannt als „heat dome“ – wurde durch den Klimawandel um mehr als drei Grad verstärkt. Nach den Modellen war sie mindestens siebenmal wahrscheinlicher, möglicherweise sogar über 10.000-mal.
Fossile Brennstoffe treiben die Erwärmung an
Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen 180 Konzerne und Staaten, die fossile Brennstoffe oder Zement produzieren – die sogenannten „Carbon Majors“. Gemeinsam verantworten sie 57 Prozent aller menschengemachten CO2-Emissionen. Rechnet man nur fossile Energien und Zement, steigt ihr Anteil sogar auf 75 Prozent.
Von der gesamten Erwärmung seit der vorindustriellen Zeit – im Schnitt 1,3 Grad – gehen 0,67 Grad direkt auf diese Akteure zurück. Allein die 14 größten unter ihnen verursachten die Hälfte davon. Dazu zählen unter anderem Saudi Aramco, Gazprom, ExxonMobil, Shell, BP und China mit seiner Kohleförderung.
„Die Emissionen der Carbon Majors tragen zur Hälfte des Anstiegs der Hitzewellenintensität seit 1850–1900 bei“, sagt Erstautor Yann Quilcaille.

Auch kleinere Produzenten tragen Verantwortung
Nicht nur die großen Konzerne spielen eine Rolle. Selbst kleinere Produzenten haben messbare Spuren hinterlassen. Der russische Kohlekonzern Elgaugol, der kleinste in der Analyse, wird mit 16 Hitzewellen in Verbindung gebracht, die es ohne den Klimawandel nicht gegeben hätte. „Selbst kleinere Carbon Majors haben erheblich zur Entstehung von Hitzewellen beigetragen“, betonen die Forscher.
Die ehemalige Sowjetunion liegt am anderen Ende der Skala: Ihr Beitrag reicht aus, um 53 Hitzewellen zu erklären.
Direkte Folgen für Mensch und Wirtschaft
Die Studie bleibt nicht bei abstrakten Berechnungen. Sie verdeutlicht, wie sehr extreme Sommer das Leben bereits jetzt verändern:
- Gesundheit: Mehr Hitzetote, Kreislaufprobleme, zusätzliche Belastungen für Krankenhäuser und Pflegeheime.
- Landwirtschaft: Ernteausfälle, verdorrte Felder, steigende Lebensmittelpreise, zunehmende Wasserknappheit.
- Infrastruktur: Schäden an Straßen, Schienen und Stromleitungen, sinkende Arbeitsleistung bei hohen Temperaturen.
- Versicherungen: Deutlich höhere Schadenssummen, die sich langfristig in steigenden Beiträgen für Verbraucher niederschlagen.
Verantwortung statt Ausreden
Neu ist, dass die Forscher die Kette von Emissionen einzelner Unternehmen bis zu realen Hitzewellen nachvollziehen. „Die Einzigartigkeit dieser Arbeit liegt darin, dass wir erstmals die kausale Kette von einzelnen Emittern bis hin zu realen Extremereignissen quantifizieren“, sagt Quilcaille.
Damit entsteht eine wissenschaftliche Grundlage für politische und juristische Schritte. Verfahren nach dem Verursacherprinzip – ähnlich wie bei Tabak- oder Chemiekonzernen – werden wahrscheinlicher. Wenn klar ist, welche Konzerne welchen Anteil an den Extremereignissen haben, lassen sich Forderungen an sie konkreter stellen – von Schadensersatz bis zu strengeren Auflagen.
Kernzahlen der Analyse im Überblick:
- 213 Hitzewellen zwischen 2000 und 2023 untersucht
- 26 Prozent wären ohne Klimawandel unmöglich gewesen
- 1,3 Grad globale Erwärmung seit 1850, davon 0,67 Grad direkt durch Carbon Majors
- Top-14 Konzerne verursachen so viel wie die restlichen 166 zusammen
Auch die öffentliche Diskussion könnte sich verschieben: Weg von rein individuellem Konsumverhalten, hin zur Verantwortung großer Unternehmen. Bisher standen bei Klimafragen nämlich oft private Entscheidungen im Vordergrund: Auto oder Rad, Flugreise oder Zugfahrt. Doch die Studie rückt den Blick auf die großen Produzenten. Ihre Emissionen tragen nachweislich zu tödlichen Hitzewellen bei, die Menschenleben kosten und Milliarden an Schäden verursachen.
Kurz zusammengefasst:
- Zwischen 2000 und 2023 wurden 213 Hitzewellen weltweit untersucht – alle waren durch den Klimawandel intensiver und häufiger.
- 180 große Produzenten von Öl, Gas, Kohle und Zement sind für mehr als die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
- Selbst kleinere Konzerne haben messbar zu Hitzewellen beigetragen, wodurch Gesundheit, Landwirtschaft, Wirtschaft und Infrastruktur massiv belastet werden.
Übrigens: Manche tropische Bäume können ihre Blätter aktiv kühlen und steigern so ihre Überlebenschancen in extremer Hitze. Warum Herkunft und Anpassung über die Zukunft ganzer Wälder entscheiden, mehr dazu in unserem Artikel.
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