Wie es unseren Vorfahren gelang, Afrika zu verlassen – nach mehreren gescheiterten Versuchen

Vor 50.000 Jahren verließ der Mensch Afrika erfolgreich – möglich wurde das durch seine neu gewonnene Anpassung an extrem unterschiedliche Lebensräume.

Vor 50.000 Jahren verließ der Mensch Afrika erfolgreich – möglich wurde das durch seine neu gewonnene Anpassung an extrem unterschiedliche Lebensräume.

Erst nach vielen gescheiterten Versuchen schafften es einige Menschengruppen, Afrika dauerhaft zu verlassen und sich in neuen Regionen durchzusetzen. © DALL-E

Heute ist klar: Alle heutigen Menschen außerhalb Afrikas stammen von einer kleinen Gruppe ab, die vor rund 50.000 Jahren von Afrika nach Eurasien auswanderte. Doch was viele nicht wissen: Diese Reise war kein Zufall. Davor gab es viele gescheiterte Versuche, den Kontinent zu verlassen – alle ohne bleibende Spuren. Erst eine entscheidende Fähigkeit änderte alles. Ein internationales Forscherteam hat nun neue Antworten auf die große Frage geliefert: Warum gelang die Ausbreitung der Menschen aus Afrika erst so spät?

Menschen konnten sich erst dank einer besonderen Fähigkeit ausbreiten

Die Gruppe, die vor 50.000 Jahren Afrika verließ, war nicht die erste. Doch sie war die erste, die dauerhaft in Eurasien blieb. Warum? Nicht wegen neuer Werkzeuge oder einer besonders günstigen Wetterlage. Sondern weil sie gelernt hatte, in trockenen Wüsten, dichten Wäldern und steinigen Steppen zu überleben.

Diese neue Erkenntnis stammt aus einer umfassenden Studie unter der Leitung von Prof. Eleanor Scerri vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena und Prof. Andrea Manica von der Universität Cambridge. Die Forscher kombinierten Daten aus der Archäologie, der Klimaforschung und der Ökologie. Sie untersuchten, wie sich die Lebensräume der Menschen in Afrika über einen Zeitraum von 120.000 Jahren verändert hatten und wie sich der Mensch daran anpasste.

Menschen passten sich an, bevor sie sich ausbreiteten

Schon ab etwa 70.000 Jahren vor heute begannen unsere Vorfahren, sich in völlig neuen Umgebungen niederzulassen. Wälder, Trockengebiete, Gebirge – all das wurde plötzlich nutzbar. Vorher hatten Menschen eher nur in bestimmten, günstigen Regionen gelebt, zum Beispiel an Flüssen oder in fruchtbaren Savannen.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die menschliche Nische ab etwa 70.000 Jahren deutlich ausweitete, angetrieben durch die Nutzung vielfältiger Lebensräume – von Wäldern bis zu trockenen Wüsten“, erklärt Dr. Michela Leonardi, eine weitere Autorin der Studie.

Was vorher als zu unwirtlich galt, wurde Teil des Alltags. Diese Flexibilität wurde zur Überlebensstrategie und machte den entscheidenden Unterschied.

Frühere Auswanderer scheiterten trotz grüner Korridore

In früheren Phasen hatte sich das Klima verändert. Es regnete mehr in der Sahara und in Teilen Arabiens. Dadurch entstanden sogenannte „grüne Korridore“ – also Vegetationszonen, die den Weg aus Afrika nach Norden erleichterten. Damals hätten Menschen gute Chancen gehabt, neue Gebiete zu erreichen. Tatsächlich zeigen Spuren, dass es diese Versuche gab. Doch sie scheiterten.

Prof. Manica erklärt: „Frühere Ausbreitungen scheinen während besonders günstiger Phasen mit mehr Niederschlag in der Sahara stattgefunden zu haben. Doch zwischen 70.000 und 50.000 Jahren war der Weg aus Afrika schwieriger und dennoch war diese Ausbreitung groß und erfolgreich.“

Schwierige Bedingungen – aber besser vorbereitet

Als es schließlich zur erfolgreichen Migration kam, waren die Bedingungen alles andere als einfach. Der Regen hatte nachgelassen, die Korridore waren verschwunden. Trotzdem gelang es einer Gruppe, Afrika zu verlassen und in Asien und Europa Fuß zu fassen. Was sich verändert hatte, war nicht das Klima – sondern die Menschen selbst.

Scerri fasst zusammen: „Im Gegensatz zu früheren Menschen, die Afrika verließen, waren die Gruppen, die vor etwa 60.000 bis 50.000 Jahren nach Eurasien zogen, mit einer besonderen ökologischen Flexibilität ausgestattet. Sie hatten gelernt, mit klimatisch herausfordernden Lebensräumen umzugehen. Das war vermutlich ein zentraler Mechanismus für den weltweiten Erfolg des Homo sapiens.“

Flexibilität sichert Ausbreitung früher Menschen

Diese Fähigkeit war nicht angeboren. Sie war das Ergebnis einer langen Entwicklung und zahlreicher kleiner Schritte auf dem afrikanischen Kontinent. Die frühen Menschen hatten gelernt, sich nicht nur durch Technik oder Sprache, sondern durch Anpassung an neue Lebensräume weiterzuentwickeln.

Die erweiterte ökologische Anpassung machte es ihnen möglich, auch außerhalb Afrikas mit schwierigen Bedingungen umzugehen. Möglicherweise verstärkte der Austausch zwischen Gruppen innerhalb Afrikas diesen Prozess zusätzlich – durch gemeinsame Ressourcen, Ideen und Bewegungsfreiheit über große Distanzen hinweg.

Kurz zusammengefasst:

  • Vor rund 50.000 Jahren gelang dem modernen Menschen die dauerhafte Ausbreitung aus Afrika, weil er gelernt hatte, in sehr unterschiedlichen Lebensräumen wie Wüsten und Wäldern zu überleben.
  • Frühere Auswanderungsversuche scheiterten, obwohl das Klima damals günstiger war, da es an dieser ökologischen Anpassungsfähigkeit fehlte.
  • Entscheidend für den Erfolg war also nicht Technik, sondern die Fähigkeit, mit schwierigen Umweltbedingungen klarzukommen.

Übrigens: Neue Simulationen zeigen, dass Neandertaler in nur 2000 Jahren eine Strecke von rund 1 Million Kilometern bis in den Altai zurücklegten – schneller und gezielter als bisher angenommen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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